Rz. 5

Mit der Neufassung der Vorschrift durch das KJSG wird die Integration der Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen in den Katalog der Hilfen zur Erziehung rückgängig gemacht und ein Rechtsanspruch auf diese Hilfe außerhalb der Hilfen zur Erziehung in Abs. 1 geschaffen. In Nr. 1 bis 4 sind kumulativ die Voraussetzungen dieses Anspruchs geregelt. Diese Voraussetzungen orientieren sich an den bisherigen Regelungen der Vorschrift, legen aber nicht mehr die überkommene Konstellation zugrunde, dass ein Elternteil die familiäre Versorgung im Haushalt sicherstellt, während der andere Elternteil berufstätig ist. Dies ist nicht mehr zeitgemäß (BT-Drs. 19/28870 S. 103).

 

Rz. 6

Die Abgrenzung ist schwieriger, wenn beide Elternteile bisher (oftmals dann in Teilzeit) beschäftigt waren und sowohl den Unterhaltserwerb für die Familie als auch die Kindesbetreuung zu gleichen Teilen wahrgenommen hatten. In diesem Falle handelt es sich dem Wortlaut nach gerade nicht um eine "überwiegende" Betreuung des ausfallenden Elternteils. Für den verbleibenden Elternteil besteht aber die gleiche prekäre Situation, wenn der ausfallende Partner früher etwa hälftig gearbeitet hat und darüber hinaus hälftig der Betreuung des Kindes nachgekommen ist. Zu beachten ist nämlich, dass mit dem Ausfall eines Elternteils nicht nur der hälftige Betreuungsanteil für das Kind entfiele, sondern gleichzeitig die Hälfte der Fami­lieneinkünfte wegfiele. Es entstünde damit ein doppelter – persönlicher und finanzieller – Versorgungsengpass. Der verbliebene Elternteil wäre damit in den meisten Fällen gezwungen, eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen, um den Unterhalt weiterhin angemessen finanzieren zu können. Es bestünde eine solche Notsituation, die § 20 gerade zu mildern beabsichtigt, so dass nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auch diese Fallkonstellation von dem Normzweck umfasst ist (ebenfalls für eine großzügige Auslegung: Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, Kommentar zum SGB VIII, § 20 Rz. 6; Stein, ZfJ 1991 S. 579; Grube, in: Hauck/Haines, SGB VIII, § 20 Rz. 7; Schleicher, in: GK zum SGB, § 20 Rz. 8; a. A. Kunkel, in: LPK-SGB VIII, § 20 Rz. 2; Schellhorn/Fischer, KHJG, § 20 Rz. 8). Mit dem KJSG geht die Neufassung der Vorschrift davon aus, dass der Lebensunterhalt der Familie und speziell des Kindes nach Maßgabe anderweitiger sozialrechtlicher Vorschriften sichergestellt wird.

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