Rz. 8
Inhalt des Hilfeangebotes ist die Teilnahme an einer sozialen Gruppenarbeit. Ziel ist es, innerhalb der Kurse mit unterschiedlichen Arbeitsmethoden soziales Lernen bei den Jugendlichen zu fördern (so ausdrücklich die gesetzgeberischen Erwägungen, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 70). 29 nennt insoweit zwei generelle Ziele der Sozialen Gruppenarbeit. Zum einen geht es darum, Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von Entwicklungsproblemen zu helfen und zum anderen die Entwicklung durch soziales Lernen in der Gruppe zu fördern (darauf aufmerksam macht auch Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 08/2015, Werkstand: 2023, § 29 SGB VIII, Rz. 6). In der Praxis werden auch die Begriffe Erziehungskurse, Übungs- und Erfahrungskurse oder soziale Trainingskurse verwendet. Letztlich handelt es sich hier um einen Oberbegriff, welcher verschiedene Ansätze und Arbeitsmethoden möglich macht. Die abstrakte Bezeichnung wurde vom Gesetzgeber bewusst gewählt, um unterschiedlichste gruppenpädagogische Ansätze zusammenzufassen und den konkreten Anwendungsbereich offen auszugestalten. Die Leistung kann z. B. kombiniert werden mit einer Erziehungsberatung nach §§ 27, 28, wie es u. a. in den "Familienklassen in Hessen" der Fall ist (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten v. 14.1.2020, SN_2019_0588 Sc, JAmt 2020 S. 90); auf das letztlich durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) mit Wirkung zum 10.6.2021 nur mit deklaratorischer Wirkung eingeführte Kombinationsgebot von Leistungen – vgl. § 27 Abs. 2 Satz 3 – ist zu verweisen.
Rz. 9
Die soziale Gruppenarbeit setzt jedoch voraus, dass bei den Jugendlichen Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten vorliegen, also bereits eine Gefährdung des Kindeswohls zu verzeichnen ist. Die Vorschrift grenzt die soziale Gruppenarbeit insbesondere durch die vorgegebene Zielrichtung und Methodik ein. Diese soll eine Hilfe bei der Überwindung dieser Probleme anbieten, also ergebnisorientiert arbeiten. Insbesondere soll eine Förderung der Entwicklung durch soziales Lernen in der Gruppe auf der Grundlage eines gruppenpädagogischen Konzeptes erreicht werden. Im Mittelpunkt steht daher das Ziel der Gruppenarbeit, die soziale Handlungskompetenz zu verbessern, um dem Jugendlichen zu helfen, sich in einer sozialen Gruppe und letztlich innerhalb der Gesellschaft zu behaupten bzw. einzufügen. Soziale Gruppenarbeit soll ein festgestelltes soziales Fehlverhalten eines jungen Menschen therapieren (VG Minden, Urteil v. 21.5.2010, 6 K 259/10). Dabei sind zunächst die spezifischen Defizite festzustellen. Diese Defizite sollen sodann durch soziales Lernen in der Gruppe abgebaut werden. Dies kann etwa bedeuten, die Konfliktfähigkeit zu verbessern, Frustrationstoleranzen zu erhöhen, Aggressionspotenziale zu vermindern, Selbstbewusstsein zu erhöhen usw. Die Kinder und Jugendlichen sollen alternative Handlungsweisen erlernen. Dadurch soll die soziale Handlungsfähigkeit (wieder) hergestellt werden.
Rz. 10
Soweit eine erlebnispädagogische Maßnahme im Ausland begehrt wird, scheidet diese unter Berücksichtigung der Eignung und Notwendigkeit jedenfalls dann aus, wenn eine gleich geeignete Maßnahme auch im Inland durchgeführt werden kann (zu diesem Ergebnis kommt auch Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 29 Rz. 25). Hierbei ist zu berücksichtigten, dass § 27 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 36 Abs. 4 bestimmt, dass Hilfen zur Erziehung nur im Ausnahmefall im Ausland erbracht werden sollen. Nach § 27 Abs. 2 Satz 3 darf eine Hilfe nur dann im Ausland erbracht werden, wenn dies nach Maßgabe der Hilfeplanung zur Erreichung des Hilfezieles im Einzelfall erforderlich ist. Eine Maßnahme im Ausland ist daher nur in engen Grenzen möglich (vgl. Komm. zu § 27).