Rz. 18
Maßnahmen der Sozialpädagogischen Familienhilfe gemäß § 31 zielen auf eine umfassende Unterstützung der gesamten Familie ab, um eine Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen zu vermeiden und um die Erziehungsfähigkeit der Familie zu stärken, wiederherzustellen und zu sichern (Sächs. OVG, Beschluss v. 26.6.2018, 4 A 87/16). § 31 zielt damit auf die Beseitigung einer defizitären Erziehungssituation der Kinder in der Familie ab. Mit ihr soll die Erziehungsfähigkeit der Eltern bzw. Familie wiederhergestellt und gesichert werden, indem deren "Selbsthilfekräfte" in schwierigen Lebenslagen aktiviert bzw. gestärkt werden. Es handelt sich danach nicht um eine kindzentrierte Leistung, sondern sie umfasst gerade auch die Eltern. Anknüpfungspunkte bei allen Unterstützungsmaßnahmen sind vorhandene Ressourcen der Familie, die in Zusammenarbeit mit den Eltern entwickelt und nutzbar gemacht werden müssen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 9.7.2020, 12 A 2816/17 Rz. 18).
Rz. 19
Die Sozialpädagogische Familienhilfe soll nicht nur bei der Bewältigung akuter Probleme helfen, sondern gleichzeitig auch Hilfe zur Selbsthilfe liefern (auf diesen besonderen Aspekt der Sozialpädagogischen Familienhilfe verweist ausdrücklich der Gesetzgeber in BT-Drs. 11/5948 S. 70). Die Sozialpädagogische Familienhilfe möchte erreichen, dass die Familie alleine gut im alltäglichen Leben zurechtkommt, ohne weitere Hilfen vom Jugendamt zu benötigen. Das Kind soll weiterhin in der Familie aufwachsen und sich gut entwickeln können (Bleibeperspektive). Durch den rechtzeitigen Einsatz eines qualifizierten Familienhelfers kann in vielen Fällen das Selbsthilfepotential der Familie gestärkt und eine Herauslösung des Kindes (häufig mehrerer Geschwister) aus dem Familienverband vermieden oder doch die Trennung deutlich verkürzt werden (so ausdrücklich die Motive des Gesetzgebers, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 70; und auch BT-Drs. 10/6730 S. X). Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist insofern also präventiv und zukunftsgewandt ausgestaltet. Die Familie soll langfristig alternative Verhaltensmuster erlernen, um zukünftige Konfliktsituationen nach Möglichkeit selbständig lösen zu können. Vorausgesetzt wird dabei, dass die Familie über aktivierbare Ressourcen verfügt. Eine auf mögliche Verselbständigung hin angelegte Zielsetzung setzt langfristige Planung voraus, da sich kurzfristig und durch den Einsatz des Familienhelfers nur akute Krisensituationen auffangen lassen. Langfristig soll jedoch die Fähigkeit erlernt werden, Erziehungsaufgaben, Alltagsprobleme usw. selbständig zu meistern. So kann eine Sozialpädagogische Familienhilfe geeignet sein, um Hilfe bei der Bewältigung von Alltagsproblemen zu leisten, Konflikte und Krisen im Alltag (wie z. B. Arbeitslosigkeit, Überschuldung, hohe Kinderzahl, Defizite in der Haushaltsführung oder -planung) zu lösen und die Familie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen zu unterstützen (Lack/Laaf/Römer, ZKJ 2021 S. 87, 92). Dies setzt einen Bewusstwerdungs- und einen anschließenden Lernprozess voraus. Daher ist in Satz 2 auch vorgesehen, dass die Hilfe eine längere Laufzeit haben soll. Zur Hilfe zur Selbsthilfe kann auch gehören, mit den betroffenen Eltern bzw. Elternteilen zu erarbeiten, wo deren Kapazitäten und Grenzen liegen und die Bereitschaft zu fördern, zukünftig ggf. rechtzeitig ergänzende Hilfe von außen anzufordern, damit nicht durch eigene Überschätzung im Rahmen der Selbsthilfe abermalige krisenhafte Zuspitzungen auftreten.