Rz. 33
Anspruchsinhaber ist der Personensorgeberechtigte. Der Personensorgeberechtigte ist daher auch der Adressat des (Bewilligungs)Bescheids nach § 27 i.V.m. § 33 (vgl. stellv. und zutreffend m. w. N. Kunkel, ZKJ 2022 S. 447). Personensorgeberechtigte ist gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht. Die Pflicht und das Recht der elterlichen Sorge (§ 1626 BGB) umfasst gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 2, 1. Variante BGB die Personensorge und damit gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB die Vertretung des Kindes (vgl. die Komm. zu § 27 unter Abschnitt Personensorgeberechtigte). Stimmt der Personensorgeberechtigte der Hilfe nicht zu, ist die Gewährung rechtswidrig. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist regelmäßig geeignet, einem von der Jugendhilfe (möglicherweise) beabsichtigten Ortswechsel entgegenzuwirken (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.3.2022, 12 B 154/22). Daher wird das Jugendamt auf einen Entzug mindestens des Aufenthaltsbestimmungsrechtes und des Rechtes, Hilfe zur Erziehung zu beantragen, hinzuwirken haben (vgl. die Komm. zu § 27). Leistungsberechtigt sind nach § 41 Abs. 1 i. V. m. § 41 Abs. 2 auch junge Volljährige (Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 33 Rz. 25), da § 41 Abs. 2 ausdrücklich Bezug nimmt auch auf § 33.
Rz. 34
Auch ein Vormund, welcher sein Mündel in seiner Familie betreut, kann Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege beantragen (BVerwG, Urteil v. 15.12.1995, 5 C 2.94; OVG Bremen, Urteil v. 16.11.2005, 2 A 111/05). Demnach kann auch einem Vormund dieses Recht zustehen, mit der Folge, dass als Annexleistung nach § 39 auch der Unterhalt sicherzustellen ist. Nur ausnahmsweise wird man davon ausgehen können, dass der Vormund die tatsächliche Betreuung und Erziehung in Erfüllung seines familien- und vormundschaftsrechtlichen Wirkungskreises nach § 1793, § 1800, § 1631 Abs. 1 BGB und damit unentgeltlich übernimmt (vgl. eingehend die Komm. zu § 27).
Rz. 35
Zur Problematik der Vollzeitpflege durch Verwandte, insbesondere Großeltern und deren eigene Anspruchsberechtigung vgl. die Komm. zu § 27.
Rz. 36
Da das Kind Anspruch auf Sicherheit hat, wird das Jugendamt ggf. auch rechtliche Klarheit herbeiführen müssen und (teilweisen) Sorgerechtsentzug bzw. Verbleibensanordnung beantragen müssen. Zu beachten ist, dass nicht nur die Sicherung des Aufenthaltsortes, sondern auch die rechtlichen Voraussetzungen der weiteren Absicherung der Vollzeitpflege geschaffen werden müssen, insbesondere wenn eine Akzeptanz für die weitere Notwendigkeit der Hilfe nicht besteht. Denn eine Hilfegewährung gegen den Willen des insoweit Personensorgeberechtigten ist rechtswidrig (BVerwG, Urteil v. 21.6.2001, 5 C 6/00). Hier wird zusätzlich der Entzug des Rechtes, Hilfe zur Erziehung zu beantragen, erforderlich sein (BVerwG, a. a. O.; vgl. ausführlich die Komm. zu § 27). Nach Möglichkeit jedoch hat der Jugendhilfeträger auf eine Akzeptanz und Unterstützung der Hilfe bei den Eltern hinzuarbeiten. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 4 sind Personensorgeberechtigte bei Fremdunterbringung an der Auswahl der Pflegestelle zu beteiligen. Ihnen steht ein Wunsch- und Wahlrecht zu, allerdings begrenzt durch das Verbot unverhältnismäßiger Mehrkosten (Hamburgisches OVG, Beschluss v. 24.10.1994, Bs IV 144/94) und die vom Jugendamt zu prüfenden Voraussetzungen des § 27, insbesondere der Geeignetheit der Pflegestelle.