Rz. 8
Satz 3 regelt die Übernahme von Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen. Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen stellen Regelbeispiele dar (v. Koppenfels-Spies, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 40 Rz. 22). Auffangtatbestand ist insoweit Satz 2 (vgl. Rz. 2b). Hierbei handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; es besteht ein zwingender Rechtsanspruch. Die Krankenhilfe stellt dabei eine Annexleistung zur Gewährung von erzieherischer Hilfe dar. Im SGB V finden sich an diversen Stellen Regelungen über Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen: Übernahme von Fahrtkosten i. S. v. § 60 SGB V, Zuzahlung und Befreiungsmöglichkeiten bei Arznei- und Verbandsmittel i. S. v. § 31 SGB V und von Heilmitteln i. S. v. § 32 SGB V, Zuzahlung und Befreiungsmöglichkeiten bei Sehhilfen i. S. v. § 33 Abs. 2 bis 4 SGB V. Mit der Regelung des § 40 Satz 3 werden Kinder und Jugendliche – sowie mit der Verweisungsnorm des § 41 Abs. 2 auf § 40 auch junge Volljährige – vollständig von den Kosten des Gesundheitssystems entlastet. Für diesen Personenkreis werden auch die Kosten für Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, für Sehhilfen, für Fahrtkosten oder Dolmetscherkosten vollständig übernommen, wenn diese im Einzelfall erforderlich sind, die Voraussetzungen des § 40 erfüllt sind und zugleich Krankenversicherungsschutz besteht.
Rz. 9
Der Anwendungsbereich von § 40 Satz 3 verengt sich dabei jedoch in der Praxis erheblich, da Minderjährige schon im Anwendungsbereich des SGB V weitgehend entlastet sind. Minderjährige, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind grundsätzlich von Zuzahlungen zu Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln befreit: § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB V – Arznei- und Verbandsmittel; § 32 Abs. 2 Satz 1 SGB V – Heilmittel. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB V haben Versicherte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach § 33 Abs. 1 SGB V. Nach § 33 Abs. 4 SGB V besteht ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Abs. 2 für Versicherte, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden von der Krankenkasse allerdings nur noch für versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr – bzw. für versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen – übernommen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 und 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 5 SGB V). Die Übernahme von Fahrtkosten erfolgt nur aus zwingenden medizinischen Gründen (§ 60 Abs. 1 SGB V).
Rz. 10
Volljährige Versicherte müssen demgegenüber grundsätzlich nach den Vorgaben des § 61 Satz 1 SGB V zu allen Arznei- und Hilfsmitteln Zuzahlungen leisten. Gleiches gilt für Zuzahlungen zum stationären Krankenhausaufenthalt, bei Heilmitteln und bei häuslicher Krankenpflege (§ 61 Satz 2 und 3). Sofern eine Zuzahlungspflicht i. S. d. § 61 SGB V besteht, kann der Versicherte eine Zuzahlungsbefreiung beantragen, sofern die Zuzahlungen 2 % des Bruttoeinkommens übersteigen (§ 62 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Zur Belastungsgrenze bei stationärer Jugendhilfe vgl. auch Rz. 13.
Rz. 11
Für diese verbleibenden Fälle trägt nach der Systematik des § 40 die Kostenlast für die Zuzahlung nicht der Empfänger von Jugendhilfe, sondern der Träger der öffentlichen Jugendhilfe; als Annexleistung zwingt der Anspruch auf Krankenhilfe den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch zur Übernahme der gesamten Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Erkrankung.
Rz. 12
Dies galt bereits für § 40 in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung. Auch nach der Vorschrift in dieser Fassung waren Zuzahlungen zu den Leistungen der Krankenkasse, für die keine Befreiung vorlag, nach § 40 vom Träger der Jugendhilfe zu übernehmen. Darüber hinaus waren Zuschüsse der Krankenkasse (z. B. für Sehhilfen) bis zur vollen Höhe aufzustocken (vgl. Wiesner, SGB VIII, § 40 Rz. 7a). Das Gleiche galt für Fahrtkosten, soweit diese nicht von der Krankenkasse übernommen wurden. Diese Folge hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) gesetzlich festgeschrieben und mit der Erweiterung des § 40 um die Sätze 2 und 3 die bislang geltende Praxis gesetzlich untermauert (zur Zielsetzung vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 6.9.2004, BT-Drs. 15/3676 S. 37; zum Verhältnis zwischen Satz 2 und Satz 3 vgl. oben Rz. 2b). Einschränkend muss insoweit lediglich auf eine mögliche Kostenheranziehung der Eltern oder der jungen Volljährigen i. S. d. §§ 91 ff. verwiesen werden.
Rz. 13
Für Empfänger der stationären Jugendhilfe gilt für die Befreiung von der Zuzahlungspflicht die Belastungsgrenze von 2 % der Bruttoeinnahmen i. S. d. § 62 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die Bruttoeinnahmen solcher Empfänger richten sich nach den gesamten Leistungen des § 39 sowie etwaiger anderer Einkünfte, während andere Personen, die Leistungen vom Träger der Sozialhilfe erhalten, für die Ermittlung der Bruttoeinnahm...