0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde eingefügt durch das Beistandschaftsgesetz v. 4.12.1997 (BGBl. I S. 2846) und sogleich geändert durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942). Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) v. 8.9.2005 (BGBl. I S. 2729) wird die bisher in Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 erwähnte Abfindung von Leistungen gestrichen, da nach dem bereits früher erfolgten Wegfall des § 1615 e BGB eine Unterhaltsabfindung nicht mehr in Betracht kommt. Sie wurde durch Art. 2 Abs. 23 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG) v. 19.2.2007 (BGBl. I S. 122) mit Wirkung zum 1.1.2009 um Abs. 4 ergänzt, der das Standesamt verpflichtet, die Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, unverzüglich dem Jugendamt anzuzeigen. Die Vorschrift gilt seit dem 1.1.2012 in der aktuell geltenden Fassung des SGB VIII (BGBl. I S. 2022).
1 Allgemeines
Rz. 2
Während § 18 den Rechtsanspruch allein sorgeberechtigter Mütter und Väter auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und der Geltendmachung von Unterhalts- und Unterhaltsersatzansprüchen von Kindern und Jugendlichen normiert, verpflichtet § 52 a das Jugendamt zur Beratung und Unterstützung bei der Vaterschaftsfeststellung und der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen unmittelbar nach der Geburt des Kindes. Das Jugendamt muss also in dieser Situation von Amts wegen aktiv werden und darf nicht erst abwarten, ob der Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung geltend gemacht wird. Die nach § 52 a dem Jugendamt zugewiesenen Aufgaben zählen zu den "anderen Aufgaben" der Jugendhilfe (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 9), während die Beratung und Unterstützung nach § 18 zu den Leistungen der Jugendhilfe gehören (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2).
2 Rechtspraxis
2.1 Beratung und Unterstützung unverzüglich nach der Geburt
Rz. 3
Gemäß Abs. 1 Satz 1 hat das Jugendamt nach der Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, der Mutter Beratung und Unterstützung anzubieten. Die Hilfe ist unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (Legaldefinition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) anzubieten. Durch den aufgrund von Art. 2 Abs. 23 Nr. 1 des Personenstandsrechtsreformgesetzes neu eingefügten Abs. 4 (bis 31.12.2008 gemäß § 21b Satz 1 PStG) hat das Standesamt die Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, unverzüglich dem Jugendamt anzuzeigen. Damit wird das Jugendamt in den Stand gesetzt, seinerseits unverzüglich zu handeln. Die Beratung und Unterstützung bietet das Jugendamt an. Die Mutter entscheidet, ob sie die Hilfe annimmt. Das Wort "insbesondere" macht deutlich, dass sich die Hilfe nicht allein auf die Vaterschaftsfeststellung und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen bezieht. Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 benennt beispielhaft ein weiteres Feld. In Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 sind Gesichtspunkte aufgeführt, auf welche das Jugendamt bei der Beratung und Unterstützung zwingend hinzuweisen hat. Dies umschreibt nicht den Umfang der Hilfe insgesamt, sondern benennt Kernbereiche der Hinweispflicht.
2.1.1 Bedeutung der Vaterschaftsfeststellung
Rz. 4
Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung wird aus dem Persönlichkeitsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet (BVerfG, Urteil v. 31.1.1989, 1 BvL 17/87, BVerfGE 79 S. 256). Dieses Grundrecht des Kindes muss allerdings je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles abgewogen werden gegenüber widerstreitenden Grundrechten der Mutter (BVerfG, Beschluss v. 6.5.1997, 1 BvR 409/90, BVerfGE 96 S. 56). Die Vaterschaftsfeststellung ist Grundlage für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. Gemäß § 1 Abs. 3 UVG besteht kein Anspruch auf Unterhaltsleistung, wenn die Mutter sich weigert, bei der Vaterschaftsfeststellung mitzuwirken.
2.1.2 Vaterschaftsfeststellung
Rz. 5
Möglichkeiten der Vaterschaftsfeststellung sind
- die Anerkennung der Vaterschaft (§ 1592 Nr. 2 BGB). Sie bedarf gemäß § 1595 Abs. 1 BGB der Zustimmung durch die Mutter. Beides muss gemäß § 1597 Abs. 1 BGB öffentlich beurkundet werden. Dies kann gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 die Urkundsperson beim Jugendamt beurkunden. Ferner kann der Notar, das Amtsgericht, der Standesbeamte oder das Gericht, bei dem die Vaterschaftsklage anhängig ist, die Beurkundung vornehmen.
- Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 3 BGB i. V. m. § 1600 d BGB oder § 182 Abs. 2 FamG durch das Familiengericht.
2.1.3 Beurkundung der Verpflichtung zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen
Rz. 6
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 verpflichtet das Jugendamt im Zuge des Beratungs- und Unterstützungsangebots die Mutter darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit besteht, die Verpflichtung zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen des Kindes nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 durch die Urkundsperson beim Jugendamt beurkunden zu lassen.
2.1.4 Beantragung einer Beistandschaft und deren Bedeutung
Rz. 7
Das Jugendamt muss die Mutter auf die Möglichkeit hinweisen, gemäß § 1712 BGB eine Beistandschaft zu beantragen. Diese hat ihrerseits die Vaterschaftsfeststellung und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen als Aufgabenbereiche (vgl. dazu die Kommentierung zu § 55 Rz. 3 bis 8). E...