0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift übernimmt Regelungen, die zuvor in § 47, § 47a, § 47d JWG enthalten waren. Sie ist mit dem SGB VIII zum 1.1.1991, im Beitrittsgebiet zum 3.10.1990 in Kraft getreten. Durch das Beistandschaftsgesetz v. 4.12.1997 (BGBl. I S. 2846) wurde Abs. 4 mit Wirkung zum 1.7.1998 den Neuregelungen zur Beistandschaft angepasst. § 53 gilt i. d. F. des Art. 105 Nr. 4 des FGG-RG seit 1.9.2009. Durch Art. 105 Nr. 4 des FGG-RG wurde das SGB VIII an die neuen verfahrensrechtlichen Regelungen des FamFG (u. a. die Auflösung der Familiengerichte) angepasst. Durch Art. 105 Nr. 4 des FGG-Reformgesetzes (FGG-RG) v. 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) wurde die Begrifflichkeit (Familiengericht statt Vormundschaftsgericht) in der Vorschrift angepasst. Durch Art. 12 Nr. 4 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts v. 4.5.2021 (BGBl. I S. 882) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2023 neu gefasst. Der bisherige § 53 wird aufgespalten in § 53 und § 53a.
1 Allgemeines
Rz. 2
Wie die Überschrift i. d. F. bis zum 31.12.2022 andeutet, normiert die Vorschrift Unterstützungsaufgaben des Jugendamtes, die für die Einleitung und Durchführung von Pflegschaften und Vormundschaften von Bedeutung sind. Abs. 1 verpflichtete das Jugendamt, dem Familiengericht geeignete Personen und Vereine für diese Aufgaben vorzuschlagen. Nach Abs. 2 war das Jugendamt zur Beratung und Unterstützung verpflichtet. Abs. 3 normierte zum Wohle des Mündels Überwachungspflichten des Jugendamtes und Mitteilungspflichten gegenüber dem Familiengericht. Abs. 4 erstreckte diese Regelungen auf die Gegenvormundschaft und nahm die Vereinsvormundschaften von den Kontrollpflichten des Jugendamtes aus. Der bisherige § 53 wurde mit Wirkung zum 1.1.2023 aufgespalten in § 53, der die Mitwirkung des Jugendamts bei der Auswahl von Vormündern und Pflegern durch das Familiengericht regelt und § 53a, der die Beratung und Unterstützung von Vormündern und Pflegern durch das Jugendamt regelt.
2 Rechtspraxis
2.1 Vorschlagsrecht und Vorschlagspflicht des Jugendamtes
Rz. 3
Abs. 1 wird an § 1774 BGB angepasst, wonach neben dem Jugendamt nur noch natürliche Personen zum Vormund bestellt werden können. Das Familiengericht wählt gemäß § 1778 Abs. 1 BGB den Vormund aus, der am besten geeignet ist, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, wenn die Vormundschaft nicht einem nach § 1782 BGB von den Eltern Benannten zu übertragen ist.
Rz. 4
Abs. 1 normiert ein Vorschlagsrecht und zugleich eine Vorschlagspflicht des Jugendamtes (vgl. hierzu auch die Komm. zu § 56). Vorzuschlagen sind Einzelpersonen. Diese müssen im Einzelfall zum Pfleger oder Vormund geeignet sein. Sie müssen also zunächst einmal grundsätzlich geeignet sein. Bei Einzelpersonen ist zu prüfen, ob Ausschlussgründe nach § 1782 BGB (Benennung und Ausschluss durch die Eltern) und § 1784 BGB (Ausschlussgründe) vorliegen. Insbesondere dann, wenn die Eltern nach § 1776 BGB wirksam einen Vormund benennen, besteht keine Vorschlagspflicht, weil das Familiengericht in dem Fall keine Auswahlentscheidung zu treffen hat. Auch diese Vorschriften gelten für die Pflegschaft entsprechend.
Rz. 4a
Nach der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts kann gemäß § 1774 Abs. 1 BGB in der ab 1.1.2023 geltenden Fassung eine natürliche Person als ehrenamtlicher Vormund (Nr. 1), als Berufsvormund (Nr. 2), als Mitarbeiter eines anerkannten Vormundschaftsvereins (Nr. 3) oder das Jugendamt selbst (Nr. 4) bestellt werden. Gemäß § 1779 Abs. 2 Satz 1 BGB hat eine natürliche Person, die geeignet und bereit ist, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen, gegenüber den in § 1774 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BGB genannten Vormündern Vorrang. Dies gilt auch dann, wenn zur Regelung einzelner Sorgeangelegenheiten ein zusätzlicher Pfleger nach § 1776 BGB bestellt wird (§ 1779 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Rz. 4b
Die Kriterien für die Eignung der natürlichen Person sind in § 1779 Abs. 1 BGB aufgeführt. Es sind ihre Kenntnisse und Fähigkeiten (Nr. 1), ihre persönlichen Eigenschaften (Nr. 2), ihre persönlichen Verhältnisse und ihrer Vermögenslage (Nr. 3) und ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen (Nr. 4). Anhand dieser Kriterien hat das Jugendamt die Geeignetheit der vorzuschlagenden Personen zu prüfen. Der Vorschlag an das Familiengericht sollte wenn möglich mehrere Personen beinhalten, wobei deren Eignung nach den gesetzlichen Kriterien gewichtet werden kann. Gemäß § 55 Abs. 5 sind Aufgaben der Pflegschaft und Vormundschaft funktionell, organisatorisch und personell von den übrigen Aufgaben des Jugendamts zu trennen. Das bedeutet, dass diejenigen Fachkräfte, die Aufgaben des Jugendamtes als Vormund wahrnehmen sollen, nicht zugleich mit dem Vorschlag nach Abs. 1 beauftragt werden dürfen (Hoffmann, in: Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl., § 53 Rz. 20).
Rz. 4c
Die Einzelpersonen und Vereine müssen außerdem im Einzelfall geeignet sein. Dies bedeutet, dass das Jugendamt seinen Vorschlag auch in Bezug auf die Person des jeweiligen Mündels abzufassen hat. Die besondere...