0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift entspricht in den Grundzügen noch ihrem Vorläufer in § 49 JWG. Sie hat ihrerseits inzwischen zahlreiche Änderungen erfahren. Durch Art. 1 Nr. 32 des 1. SGB VIII-ÄndG v. 16.2.1993 (BGBl. I S. 239) wurden die Befugnisse zur Beurkundung erweitert. Durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 1942) wurde Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 7 und 8, durch das Kindesunterhaltsgesetz (KindUG) v. 6.4.1998 (BGBl. I S. 666) Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 9 und durch das Kinderrechteverbesserungsgesetz (KindRVerbG) v. 9.4.2002 Art. 1 Satz 1 Nr. 1 und 8 geändert. Hinzu kamen weitere Änderungen durch das 2. SGB VIII-ÄndG v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1775), das Gesetz zur Änderung des Familiennamensrechts v. 16.12.1993 (BGBl. I S. 2054) und das Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts v. 5.11.2001 (BGBl. I S. 2950).
Rz. 1a
Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) v. 8.9.2005 (BGBl. I S. 2729) wurde die bisher in Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erwähnte Abfindung von Leistungen gestrichen, da nach dem bereits früher erfolgten Wegfall des § 1615e BGB eine Unterhaltsabfindung nicht mehr in Betracht kommt. Absatz 1 Nr. 2 wurde durch Art. 2 Abs. 23 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts v. 19.2.2007 (BGBl. I S. 122) mit Wirkung zum 1.1.2009 redaktionell angepasst. Die Überschrift sowie Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 und Abs. 1 Satz wurden mit Wirkung zum 1.1.2012 durch das Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BKiSchG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2975) geändert. Bereits seit Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes (KindRG) v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942) und des Kindesunterhaltsgesetzes (KindUG) v. 6.4.1998 (BGBl. I S. 666) gibt es keine Beglaubigungstatbestände für die Urkundsperson beim Jugendamt mehr. Dem wurde nunmehr die Diktion der Vorschrift in der Überschrift und in Abs. 1 Satz 2 angepasst. Abs. 1 Nr. 9 berücksichtigt, dass durch das FamFG v. 17.12.2008 (BGBl. I S. 3044) § 252 FamFG an die Stelle von § 624 ZPO getreten ist. Durch Art. 3 Nr. 1 und 2 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes und anderer Gesetze (Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetz) v. 3.5.2013 (BGBl. I S. 1108) wurde Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 mit Wirkung zum 19.5.2013 neu gefasst und Nr. 4 geändert. Durch Art. 3 Nr. 1 und 2 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes und anderer Gesetze (Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetz) v. 3.5.2013 (BGBl. I S. 1108) wurde Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 mit Wirkung zum 1.7.2013 geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die dazu ermächtigten Beamten und Angestellten des Jugendamtes dürfen bestimmte Beurkundungen selbst vornehmen. Die Befugnis ist in § 2 Abs. 3 Nr. 12 als andere Aufgabe zugewiesen und auf solche Beurkundungen begrenzt, die einen Bezug zu den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe haben; sie werden in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 9 aufgelistet. Die Beurkundungsbefugnis der Notare, der konsularischen Auslandsvertretungen und in bestimmten Umfang auch der Standesämter und Amtsgerichte bleibt gemäß Abs. 1 Satz 2 unberührt. Abs. 2 soll Interessenskollisionen zwischen Beurkundungsperson und Beteiligten verhindern. Abs. 3 regelt die funktionale Stellung der Beurkundungsperson. Seit Inkrafttreten des KindRG und des KindUG am 1.7.1998 enthält der Aufgabenkatalog der Urkundsperson beim Jugendamt keine Beglaubigungstatbestände mehr. Zulässig bleiben jedoch die Beglaubigungen von sonstigen Behördenvorgängen und die Herstellung von beglaubigten Abschriften. Durch die Beurkundung wird eine öffentliche Urkunde i. S. d. § 415 ZPO errichtet (A. Uhl, in: BeckOGK, Stand 1.2.2024, SGB VIII, § 59 Rz. 2). Die Vorschrift soll zum einen ein für die Beteiligten niedrigschwelliges Angebot zur Vornahme zu beurkundender Erklärungen bereithalten, zum anderen die in den Jugendämtern vorhandene Sachkompetenz zur Beratung der Beteiligten nutzen helfen (Bregger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., § 59 Rz. 12).
2 Rechtspraxis
2.1 Die Beurkundung durch das Jugendamt
2.1.1 Zuständigkeit
Rz. 3
Die Urkundsperson (dazu Rn. 16 bis 18) beim Jugendamt beurkundet rechtgeschäftliche Erklärungen und Verpflichtungen Dritter, die in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 9 aufgeführt sind. Die Aufzählung ist abschließend. Es handelt sich um eine öffentliche Beurkundung, bei der die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes (BeurkG, BGBl. I 1969 S. 1513) Anwendung finden. Die sachliche Zuständigkeit der Urkundsperson ist begrenzt auf diejenigen Beurkundungsfälle, in denen nicht durch gesonderte Vorschriften des BeurkG oder des BGB (z. B. § 128, § 1750 Abs. 1 Satz 2, § 1762 Abs. 3 BGB) die notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist. Örtlich zuständig ist gemäß § 87e die Urkundsperson bei jedem Jugendamt. § 59 normiert keine ausschließliche Zuständigkeit. Dies stellt Abs. 1 Satz 2 klar. Die übrigen gesetzlich zugelassenen Urkundspersonen und Stellen sind auch für Beu...