Rz. 17
Für den Schutz von Sozialdaten bei ihrer Erhebung und Verwendung in der Jugendhilfe gelten § 35 SGB I, §§ 67 bis 85a SGB X sowie die nachfolgenden Bestimmungen des SGB VIII. Die Datenschutzvorschriften des SGB VIII stehen damit nach der gesetzlichen Formulierung neben den genannten Bestimmungen des SGB I und des SGB X. Die Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 1 hat allerdings insofern lediglich eine klarstellende Funktion, als über § 37 SGB I die Geltung der in Rede stehenden Vorschriften des SGB I und SGB X angeordnet ist. Nach § 37 Abs. 1 SGB I gelten die Bestimmungen des SGB I und des SGB X für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuches, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Folglich würden die in Rede stehenden Datenschutzvorschriften des SGB I und des SGB X auch ohne die Bezugnahme in § 61 Abs. 1 Satz 1 Geltung beanspruchen.
Rz. 18
Die Sozialdatenschutzbestimmungen des Kinder- und Jugendhilferechts treffen im Wesentlichen ergänzende und konkretisierende Regelungen, sodass sich ein Spannungsverhältnis zu § 35 SGB I und zu §§ 67 bis 85a SGB X in praxi kaum ergibt (zur Diskussion bezüglich Abs. 2 vgl. Rz. 8). Grundsätzlich ist von einer Vorrangigkeit der Datenschutzbestimmungen des SGB VIII auszugehen (vgl. hierzu auch unter Abschnitt Spezifische jugendhilferechtliche Sozialdatenschutzregelungen Rz. 24 f.). Dies folgt aus dem Grundsatz des Vorrangs der speziellen Regelung vor der allgemeinen Regelung. Mit der Formulierung des § 37 Satz 1 SGB I, der die Geltung des SGB I und des SGB X für alle Sozialleistungsbereiche des SGB anordnet, "soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt", hat diese Rechtsanwendungsregel zudem einen gesetzlichen Niederschlag gefunden. Der Anwendungsvorrang gilt jedenfalls dann, wenn der gleiche Regelungsgehalt betroffen ist, ggf. kommt eine ergänzende Heranziehung der "allgemeinen Vorschriften" in Betracht. Auch kann dies vor dem Hintergrund einer abschließenden Regelung gerade nicht der Fall sein (vgl. Rz. 8). Dies zeigt, dass die Frage des Verhältnisses zu den Datenschutzvorschriften des SGB I und SGB X für jede einzelne Bestimmung beurteilt werden muss. Grundsätzlich ist jedoch von dem Anwendungsvorrang der Bestimmungen des SGB VIII auszugehen.
Rz. 19
Im Hinblick auf die Regelung des § 37 Satz 2 SGB I ist weiterhin fraglich, wie das Verhältnis der Datenschutzbestimmungen des SGB VIII zu § 35 SGB I als Ausgangsnorm des Sozialdatenschutzes zu sehen ist. Nach § 37 Satz 2 SGB I gilt der in Satz 1 der Vorschrift normierte Vorbehalt abweichender Regelungen u. a. nicht für § 35 SGB I. Dessen Vorgaben bleiben damit auch für den Sozialdatenschutz in der Kinder- und Jugendhilfe verbindlich. Hierzu wird zum Teil vertreten, dass § 37 Satz 2 SGB I datenschutzrechtlichen Regelungen des SGB VIII, die zu einer Verbesserung des Sozialdatenschutzes führen, nicht entgegenstehe. Der bereichsspezifische Datenschutz dürfe nicht hinter den durch § 35 SGB I geschaffenen Garantien zurückfallen, dürfe aber – und müsse, sofern verfassungsrechtlich geboten – darüber hinaus gehen.