0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 63 ist derzeit i. d. F. der Bekanntmachung der Neufassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch v. 11.9.2012 (BGBl. I S. 2022) seit 1.1.2012 in Kraft.
Die Vorschrift hat kein Vorbild im Jugendwohlfahrtsgesetz. Sie ist mit dem SGB VIII in das Kinder- und Jugendhilferecht eingefügt worden. Mit dem 2. SGB-ÄndG v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) war u. a. der Begriff der "personenbezogenen Daten" durch den der "Sozialdaten" ersetzt worden. Diese zum 1.7.1994 in Kraft getretene Fassung galt, da das Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze v. 18.5.2001 (BGBl. I S. 904 ff.) den Sozialdatenschutz des Kinder- und Jugendhilferechtes nicht erfasste, bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) v. 8.9.2005 (BGBl. I S. 2729) fort. Mit der Novelle des Datenschutzrechtes im Jahre 2001 war im SGB X die grundlegende Unterscheidung zwischen Dateien und Akten aufgegeben worden. Dies wird mit dem KICK durch die Streichung der Worte "in Akten oder auf sonstigen Datenträgern" in Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift nachvollzogen (vgl. BT-Drs. 15/3676 S. 38). § 63 gilt seit dem 1.10.2005 i. d. F. des Art. 1 Nr. 29 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) v. 8. 9. 2005 (BGBl. I S. 2729) in der seit dem 1.1.2012 gültigen Fassung des SGB VIII (BGBl. I S. 2022).
Mit der Bekanntmachung der Neufassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch v. 11.9.2012 (BGBl. I S. 2022) wurde § 63 mit Wirkung zum 1.1.2012 inhaltlich unverändert übernommen und nur in Abs. 2 die Worte "Abs." durch "Absatz" ersetzt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Struktur der Vorschrift: Die Vorschrift regelt in Abs. 1 die Speicherung von Sozialdaten in der Kinder- und Jugendhilfe. Hinsichtlich des Begriffes der Datenspeicherung ist § 67 Abs. 6 Nr. 1 SGB X heranzuziehen. Die Datenspeicherung ist nur zulässig, wenn sie zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. Daten, die zur Erfüllung unterschiedlicher Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe erhoben worden sind, dürfen nur zusammengeführt werden, wenn und solange dies wegen eines unmittelbaren Sachzusammenhanges erforderlich ist. In Abs. 2 Satz 1 werden die Voraussetzungen für ein allgemeines Zusammenführungsgebot bestimmt, und zwar dann, wenn Sozialdaten zur Erfüllung unterschiedlicher Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe erhoben worden sind. Abs. 2 Satz 2 schließlich regelt die Zusammenführung von allgemeinen Sozialdaten mit solchen, die zum Zwecke der Sicherstellung von Leistungsansprüchen nach § 2 Abs. 2 erhoben worden sind.
Rz. 3
Korrespondierende Regelungen finden sich in § 67 Abs. 6 Nr. 1 SGB X und in § 67b SGB X (Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung von Sozialdaten) und § 67c SGB X (Zweckbindung sowie Speicherung, Veränderung und Nutzung von Sozialdaten zu anderen Zwecken). Zu beachten sind auch die einschlägigen Regelungen in der Datenschutz-Grundverordnung. So beinhaltet Art. 5 Abs. 1 Buchst. e VO (EU) 2016/679 (Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten) Regeln zur Erforderlichkeit bei der Datenspeicherung. Art. 4 Nr. 2 VO (EU) 2016/679 (Begriffsbestimmungen) definiert den Begriff der Datenverarbeitung und erklärt die Datenspeicherung zu einer Form der Verarbeitung.
Rz. 4
Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 31.3.2023).
2 Rechtspraxis
2.1 Zulässigkeit der Datenspeicherung nach Abs. 1
2.1.1 Begriff der Datenspeicherung
Rz. 5
Hinsichtlich des Begriffes der Datenspeicherung ist § 67 Abs. 6 Nr. 1 SGB X heranzuziehen. Speichern wird dort definiert als das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verwendung oder Nutzung. Die Datenspeicherung ist nur zulässig, wenn sie zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist.
2.1.2 Begriff der Erforderlichkeit
Rz. 6
Insofern gilt auch für die Datenspeicherung, ebenso wie für die Datenerhebung nach § 62, das Erfordernis der Erforderlichkeit bezogen auf die jeweilige Aufgabe (vgl. Komm. zu § 62). Der Begriff der Erforderlichkeit ist ein Schlüsselbegriff des Datenschutzrechts mit Universalgültigkeit in allen Datenschutzregimen. Der Begriff ist überall dort, wo er Verwendung findet, i. S. der Einheit der Rechtsordnung gleich zu definieren, auszulegen und anzuwenden. Auch die Datenschutz-Grundverordnung spricht den Grundsatz der Erforderlichkeit in seinem § 5 Abs. 1 Buchst. e VO (EU) 2016/679 (Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten) an und fordert, dass personenbezogene Daten in einer Form gespeichert werden müssen, die die Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist. Die Speicherun...