Rz. 7

Die wichtigsten Elemente der §§ 78a ff. sind:

  • die Begrenzung der Kostenübernahme durch das Jugendamt im Einzelfall auf solche Einrichtungen, mit denen vorab Vereinbarungen über die Leistungsinhalte, die Entgelte und die Grundsätze der Qualitätsentwicklung abgeschlossen worden sind,
  • der Abschluss der Vereinbarungen für die Zukunft (Prospektivität),
  • die Einführung eines Schiedsstellenverfahrens für die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Trägern von Einrichtungen und den Kostenträgern.
 

Rz. 8

Bei der Übernahme von Grundelementen der Entgeltfinanzierung aus dem Bereich der Sozialhilfe wurde allerdings mit Blick auf die spezifischen Anforderungen der Kinder- und Jugendhilfe davon Abstand genommen, einen Bedarf an Hilfe zur Erziehung an einer Typologie von Symptomen des jungen Menschen festzumachen (z. B. "Verwahrlosung"). Gegen solche an Defiziten und nicht an Entwicklungspotenzialen orientierte Kategorien sprach aus fachlicher Sicht zum einen, dass sie außer Acht lassen, dass die gesetzlichen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nicht nur an individuellen Persönlichkeitsmerkmalen eines jungen Menschen, sondern an der Situation der gesamten Familie und ihres Umfeldes ansetzen. Diese Sichtweise, die die Kinder- und Jugendhilfe im Laufe ihrer Entwicklung gewonnen hat, führte zu einer weitgehenden Abschaffung von Spezialeinrichtungen, z. B. der früheren Erziehungsheime. Die Festschreibung von Kategorien von Hilfeempfängern oder Einrichtungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe stünde im Widerspruch zu diesen Grundsätzen. Zum anderen steht einer Kategoriebildung entgegen, dass es in der Kinder- und Jugendhilfe bislang keine der Medizin oder der Altenpflege vergleichbaren allgemein anerkannten fachlichen Standards für bestimmte "generelle" Problemlagen und Erziehungssituationen gibt (und unter Umständen wegen der gemäß § 3, § 5 rechtlich anzuerkennenden weltanschaulichen Vielfalt in den Erziehungsstilen und -methoden auch nicht in einer allgemeinverbindlichen Form geben kann, im Ergebnis ebenso BT-Drs. 13/10030/1998). Die ihrer Natur nach für eine Übergangszeit geplante und für Veränderungen offene Hilfe zur Erziehung beruht vielmehr auf individuellen Prognosen dazu, welche Hilfen geeignet und notwendig sind, um Eltern in ihrer jeweils speziellen Erziehungsfähigkeit zu unterstützen und junge Menschen in ihrer individuellen Entwicklung zu fördern.

 

Rz. 9

Die §§ 78a ff. berechtigen nicht zur Budgetierung bzw. zur selektiven Zulassung nur einzelner Anbieter in einzelnen Sozialräumen nach planerischen Bedarfsgesichtspunkten, denn das stellt einen von diesen Bestimmungen nicht gedeckten Eingriff in die Berufsfreiheit der hiervon ausgeschlossenen Anbieter dar. Zentrales Steuerungsinstrument für die Vorbereitung und Gewährung einer Hilfe zur Erziehung im Bereich der Jugendhilfe ist vielmehr der individuelle Hilfeplan gemäß § 36 (OVG Hamburg, Beschluss v. 10.11.2004, 4 Bs 388/04). Vereinbarungen nach §§ 78a ff. schaffen lediglich einen Rahmen, innerhalb dessen der leistungsberechtigte Jugendliche bzw. Erziehungsberechtigte das Wunsch- und Wahlrecht des § 3 zwischen geeigneten Einrichtungen und Maßnahmen ausüben kann (näher siehe die Kommentierung zu § 78b).

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