0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 78b ist derzeit i. d. F. der Bekanntmachung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) seit dem 10.6.2021 in Kraft.
Die durch das 2. SGB XI-ÄndG v. 29.5.1998 (BGBl. I S. 1188) mit Wirkung zum 1.1.1999 eingefügte Vorschrift enthält die zentrale Regelung über den Anwendungsbereich des Vereinbarungsrechts (eingefügt erst durch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss), vgl.: BT-Drs. 13/10330 S. 6 f., 17 f.).
Durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) v. 8.9.2005 (BGBl. I S. 2729) wurde in § 78b Abs. 2 dann mit Wirkung zum 1.10.2005 ein neuer Satz 2 angefügt (BR-Drs. 444/05 S. 12). Die Änderung betraf die abzuschließenden Vereinbarungen über die Erbringung von Auslandsmaßnahmen.
§ 78b ist durch Art. 1 Nr. 50 des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) mit Wirkung zum 10.6.2021 dann nochmals geändert worden. In Abs. 1 Satz 1 wurde in einem angefügten Schlusssatz auch Bezug genommen auf die Qualitätsmerkmale nach § 79a Satz 2. Außerdem wurde Abs. 2 Satz 2 hinsichtlich der Vereinbarungen über die Erbringung von Auslandsmaßnahmen neu gefasst; nunmehr wird auf Maßgaben nach § 38 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a bis d Bezug genommen, die der betroffene Träger zu erfüllen hat (BR-Drs. 5/21 S. 19, 110 = BT-Drs. 19/26107 S. 29, 110; der Gesetzesvorschlag ist durch die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) unverändert geblieben, vgl. BT-Drs. 19/28870 S. 58).
1 Allgemeines
Rz. 1a
Sie legt den Rahmen für Vereinbarungen und für die bei ihrem Abschluss zu beachtenden Grundsätze fest. Nach dem Vorbild des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG a. F. (= § 75 Abs. 3 SGB XII) macht die Vorschrift die Übernahme von Leistungsentgelten im Regelfall vom vorangehenden Abschluss von Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen abhängig. Absatz 2 benennt die Voraussetzungen, unter denen Träger zur Erbringung von Leistungen geeignet sind und knüpft damit an die im Sozialversicherungsrecht entwickelte Rechtsprechung zu den Begriffen der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit an. Der neue Abs. 2 Satz 2 geht auf Missstände in der sog. Erlebnispädagogik zurück und soll im Zusammenhang mit den Änderungen der § 27 und § 36 eine bessere Kontrolle durch die zuständigen Landesbehörden bei Auslandsmaßnahmen ermöglichen. Absatz 3 regelt die Übernahme von Leistungsentgelten in den Fällen, in denen keine Vereinbarungen abgeschlossen worden sind.
Rz. 1b
Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 31.3.2023).
2 Rechtspraxis
2.1 Voraussetzungen der Entgeltübernahme (Abs. 1)
2.1.1 Einrichtung
Rz. 2
Es muss um die Leistung einer Einrichtung gehen. Der Begriff der Einrichtung ist auch hier (wie in § 77) als umfassender Oberbegriff anzusehen, der auch Dienste einschließt, soweit sie von der Formulierung in § 78 erfasst sind. Das ist z. B. bei der pflegesatzfinanzierten Familienpflege der Fall, wenn es sich um institutionalisierte, von der konkreten Pflegeperson unabhängige Pflegestellen handelt . Soweit die Leistung der Einrichtung auch begleitende oder ergänzende Maßnahmen in ambulanter Form umfasst, gelten §§ 78a ff. nur für die Teile der Leistung, die in der Einrichtung erbracht werden.
2.1.2 Erbrachte Leistung
Rz. 3
Die Leistung muss "erbracht" werden. Damit bringt das Gesetz keine zeitliche, sondern eine sachliche Voraussetzung zum Ausdruck. Mit dieser Formulierung wird klargestellt, dass aus dem Abschluss einer Vereinbarung i.S.d. §§ 78a ff. noch keine Pflicht zur Inanspruchnahme bzw. (in früherer Terminologie) "Belegung" einer Einrichtung entsteht. Vielmehr bleibt es bei dem Vorrang des Grundverhältnisses. In dieser Rechtsbeziehung hat der öffentliche Träger der Jugendhilfe vorrangig und einzelfallabhängig zu prüfen, ob und welche Einrichtung zur Erbringung der Jugendhilfe geeignet ist. Erst wenn es unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts des Jugendlichen im Rahmen der Hilfeplanung nach § 39 zur Auswahl einer geeigneten konkreten Einrichtung gekommen ist, kann von einem "Erbringen" i. S. d. § 78b gesprochen werden. Das Belegungs- bzw. Betriebsrisiko verbleibt daher auch nach Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 78a bei dem Träger der Einrichtung.
2.1.3 Abschluss einer Vereinbarungstrias
Rz. 4
Eine Vereinbarung über Leistung nach Abs. 1 Nr. 1, Entgelt Abs. 1 Nr. 2 und Qualitätsentwicklung Abs. 1 Nr. 3, die sog. "Vereinbarungstrias" ist grundsätzlich zwingende Vorbedingung der Entgeltübernahme. Nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 3 kann hiervon eine Ausnahme zugelassen werden. Mit der Formulierung "abgeschlossen worden sind" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass ein bloßer Begi...