Rz. 21
Die Entgeltvereinbarung ist (inhaltlich und gesetzlich) akzessorisch zur Leistungsvereinbarung (zutreffend Gottlieb, ZKJ 2017 S. 266, 268); ohne die Leistungsvereinbarung keine Entgeltvereinbarung. In der Praxis steht dabei regelmäßig die Entgeltvereinbarung und nicht die Leistungsvereinbarung im Mittelpunkt der Verhandlungen vor Ort (Gottlieb, a. a. O.).
2.2.1 Leistungsgerechte Vergütung nach Satz 1
Rz. 22
Die Höhe der jeweiligen leistungsgerechten Vergütung ist nach der in §§ 78a ff. getroffenen – auf den Erfahrungen der Gesundheitsreform nach dem SGB V sowie der dieser folgenden Pflegeversicherung und der Sozialhilfe aufbauenden – Entscheidung des Gesetzgebers für eine marktorientierte Versorgung mit Leistungen der Jugendhilfe in erster Linie über die Feststellung von Marktpreisen zu bestimmen. Die leistungsgerechte Entgeltgestaltung ist eine ausdrückliche Absage an eine Ausrichtung der Höhe der Entgelte nach den Selbstkosten, (Gottlieb, ZKJ 2017 S. 266, 268). Unter den Bedingungen des vom Gesetzgeber angestrebten freien Wettbewerbs bestimmen beim Güteraustausch Angebot und Nachfrage den Preis einer Ware; dies ist die leistungsgerechte Vergütung. Deshalb hat sich eine leistungsgerechte Vergütung auch an tariflich bedingten Personalkosten und dem Unternehmerrisiko zu orientieren (zutreffend Gottlieb, a. a. O., unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG, BSG, Urteil v. 29.1.2009, B 3 P 7/08 R zu den tariflich bedingten Personalkosten; BSG, Urteilö v. 16.5.2013, B 3 P 2/12 R zum Unternehmerrisiko). Es kommt mithin grundsätzlich weder auf die Gestehungskosten des Anbieters noch auf die soziale oder finanzielle Lage des Nachfragers der Leistung an. Diese Umstände sind nur mittelbar von Bedeutung, weil nämlich der Anbieter seinen Preis nicht – jedenfalls nicht auf Dauer – unterhalb seiner Gestehungskosten kalkulieren kann, der Nachfrager andererseits im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten bleiben muss. Der sich bildende Marktpreis ist das Ergebnis eines Prozesses und der Ausgleich der unterschiedlichen Interessenlagen.
Rz. 23
Sowohl das BVerwG wie auch das BSG haben demzufolge entschieden, dass unter Geltung dieser Grundsätze des BSHG bzw. des SGB XI, denen die §§ 78a ff. nachgebildet sind, ein externer Vergleich der Einrichtungen die Methode der Wahl darstellt, um für die angebotene Leistung die leistungsgerechte Vergütung zu ermitteln (BVerwG, Urteil v. 1.12.1998, 5 C 17/97; BSG, Urteil v. 14.12.2000, B 3 P 19/00 P). Voraussetzung dafür ist zunächst, dass sowohl die betreffende Einrichtung als auch die zum Vergleich herangezogenen Mitbewerber den Standard fachgerechter und humaner Betreuung nach den Kriterien der Struktur-, der Prozess- und der Ergebnisqualität ohne Einschränkung erfüllen, d. h. nach eingesetzten sächlichen und personellen Mitteln den pflegerischen Verfahrensweisen sowie deren Kontrolle und Dokumentation genügen. Angebote, die diesen Maßstäben nicht entsprechen, dürfen in Pflegesatzverhandlungen nicht eingebracht oder zu (Preis-)Vergleichszwecken herangezogen werden, ebenso wenig wie ein Einrichtungsträger die Vergütungshöhe mit einer Pflegequalität jenseits des fachlich und wirtschaftlich Notwendigen begründen kann.
Rz. 24
Insofern enthält der individuelle Bedarfsdeckungsgrundsatz auch eine generelle normative Vorgabe für die Entgelthöhe. Indem er gebietet, dass auf der Grundlage der zwischen den Trägern der Jugendhilfe und den Einrichtungsträgern unter Hinzuziehung der Schiedsstelle zustande gekommenen Vereinbarungen die von den Hilfesuchenden benötigten Leistungen so erbracht werden können, dass den Anforderungen des Gesetzes genügt ist, zwingt er zur Vereinbarung leistungsgerechter Entgelte, die einer Einrichtung bei sparsamer und wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, eine bedarfsgerechte Hilfe zu leisten.
Rz. 25
Erst wenn ein üblicher Marktpreis nach diesen Vorgaben nicht ermittelt werden kann, etwa weil es wegen Besonderheiten der konkreten Einrichtung nicht möglich ist, eine hinreichend große Zahl von vergleichbaren Angeboten zu erhalten oder weil im betreffenden Sozialraum eine Unterversorgung gegeben ist, kann es von Belang sein, welche Kosten der betreffende Einrichtungsträger bei wirtschaftlicher Betriebsführung hat, um unter Zuschlag einer angemessenen Vergütung des persönlichen Arbeitseinsatzes, des zu tragenden Unternehmerrisikos sowie einer angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals eine leistungsgerechte Vergütung zu ermitteln. Es fehlt allerdings im Gesetz an geeigneten Maßstäben dafür, eine angemessene Vergütung für die aufgewandte eigene Arbeitskraft des Unternehmers, für die Übernahme des Unternehmerrisikos und für die Kapitalverzinsung festzulegen. Das Anknüpfen an Arbeitnehmereinkünfte und an die Verzinsung sonstiger Kapitalanlagen kann nur ein Behelf sein, da es weitgehend an der Vergleichbarkeit fehlt.
Rz. 26
Soweit darüber hinaus als besondere Gestehungskosten ein ungünstiger Alterskegel des Personals, besondere, nicht für alle Einrichtungsträger geltende Tarifbindungen und übertarifliche Auf...