0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Das Kindschaftsrechtsreformgesetz und das Beistandschaftsgesetz sind am 1.7.1998 in Kraft getreten. Mit dem Reformpaket und den nachfolgenden Gesetzen wurden 2 Hauptzielrichtungen verfolgt:
Rz. 2
Zum einen dürfen Kinder nicht unter der Entscheidung ihrer Eltern für oder gegen eine bestimmte Lebensform leiden. Die noch vorhandenen unterschiedlichen Regelungen für eheliche und nichteheliche Kinder wurden daher in weitem Umfang vereinheitlicht. Die Begriffe "nichteheliche Kinder" und "eheliche Kinder" und die damit ausgedrückten Statusunterschiede wurden aus der Gesetzessprache getilgt.
Zum anderen wurden die Rechte von Kindern und Eltern gestärkt, staatliche Eingriffe in die Elternautonomie auf das erforderliche Maß beschränkt. Die eigenständige Konfliktlösung durch die Eltern in den die Kinder betreffenden Verfahren wurde gefördert.
In seinem Urteil v. 29.1.2003 (1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01) hat das Bundesverfassungsgericht § 1626a BGB in seinen wesentlichen Zügen für verfassungsmäßig erklärt. Dem Gesetzgeber wurde allerdings gleichwohl aufgegeben, bis zum 31.12.2003 eine Übergangsregelung für nichteheliche Eltern zu schaffen, die mit ihrem Kind zusammengelebt, sich aber vor Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1.7.1998 getrennt haben. Diesem Auftrag ist der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts v. 13.12.2003 (BGBl. I S. 2547) durch entsprechende Ergänzung des Art. 224 § 2 EGBGB nachgekommen und hat für diese sog. Altfälle die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Übergangsregelung geschaffen.
Rz. 2a
Das Bundesministerium der Justiz legte im Juni 2005 einen Referentenentwurf für ein FGG-Reformgesetz (Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) vor, das mit seinem Inkrafttreten das FGG ablösen sollte. Die Reform des FGG war nach weit verbreiteter Auffassung seit Jahrzehnten fällig und eines der wichtigsten Ziele der Reform sollte u. a. die Beseitigung des wenig effektiven Splittings der familienrechtlichen Zuständigkeiten auf mehrere Gerichte sein. Schwerpunkte der Reform waren:
- Einführung einer Definition, wer Beteiligter des Verfahrens ist und welche Rechte die Beteiligten haben,
- Klärung der Frage, wann eine förmliche Beweisaufnahme nach den Regeln der Zivilprozessordnung stattzufinden hat,
- Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten bei der Vollstreckung von Kindesumgangsentscheidungen: Einführung von Ordnungsgeld und -haft bei Missachtung gerichtlicher Umgangsregelungen,
- Einführung einer generellen Befristung der Beschwerde,
- Ersetzung der bisherigen weiteren Beschwerde zum OLG durch die zulassungsabhängige Rechtsbeschwerde zum BGH.
Aus der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens sind hervorzuheben:
- Einführung des "Großen Familiengerichts": das Familiengericht sollte künftig auch für bestimmte Verfahren mit Bezug zu Ehe und Familie zuständig werden, die bislang vor den Zivilgerichten oder Vormundschaftsgerichten zu führen waren,
- Beschleunigung von Umgangs- und Sorgeverfahren: Einführung einer obligatorischen, kurz bemessenen Frist (einen Monat) zur Durchführung eines ersten Termins, um längere Umgangsunterbrechungen zu vermeiden; Förderung der gütlichen Einigung der Eltern über das Umgangs- und Sorgerecht,
- Präzisierung der Voraussetzungen zur Bestellung eines Verfahrenspflegers (jetzt: Verfahrensbeistand) zur Wahrung der Interessen des Kindes,
- Einführung des Umgangspflegers zur Erleichterung der Durchführung des Umgangs in Konfliktfällen,
- Umstellung des Abstammungsverfahrens auf ein FGG-Verfahren,
- Straffung des gerichtlichen Verfahrens durch Erweiterung der Auskunftspflichten der Parteien und der gerichtlichen Auskunftsbefugnisse gegenüber Behörden und Versorgungsträgern in Unterhalts- und Versorgungsausgleichssachen.
Dem (neuen) Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) als Verfahrensordnung für alle Familiensachen sollte ein einheitliches, erheblich vereinfachendes Gerichtskostenrecht zur Seite gestellt werden, das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG). Aufgrund der Stellungnahme des Bundesrats v. 6.7.2007 (BR-Drs. 309/07) sind zahlreiche Änderungen am 13.6.2008 im Bundestag beschlossen worden. Das FamFG trat zum 1.9.2009 in Kraft.
Rz. 3
§ 87c galt seit dem 1.1.2014 bis zum 9.6.2021 i. d. F. des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe – Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetz (KJVVG) v. 29.8.2013 (BGBl. I S. 3464) und war zuvor seit dem 19.5.2013 i. d. F. des Art. 5 Nr. 4 des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern v. 16.4.2013 (BGBl. I S. 795) gültig. Die Vorschrift galt seit dem 1.1.2012 in der Neufassung v. 11.9.2012 (BGBl. I S. 2022) i. d. F. des Art. 105 Nr. 5 des FGG-Reformgesetzes v. 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) und passte damit das SGB VIII (beispielsweise auch die Au...