Rz. 2
Die Vorschrift regelt die Kostenerstattung zwischen den Sozialhilfeträgern bei Aufenthalt des Leistungsberechtigten in einer stationären Einrichtung. Die Regelung ist Folge der Regelung über die Zuständigkeit für die Hilfe in einer solchen Einrichtung nach § 98 Abs. 2. Danach richtet sich die Zuständigkeit grundsätzlich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten vor der Unterbringung in der Einrichtung und nicht nach dem tatsächlichen Aufenthaltsort im Sinne von § 98 Abs. 1. Kann der gewöhnliche Aufenthalt nicht sofort oder gar nicht ermittelt werden, so sieht § 98 Abs. 2 Satz 3 eine vorläufige Eintrittspflicht des Sozialhilfeträgers am Einrichtungsort vor, um dem Leistungsberechtigten nicht zuzumuten, auf das Ermittlungsergebnis warten zu müssen. Durch diese Anknüpfung an den tatsächlichen Aufenthaltsort in Eilfällen wird zum Ausgleich der finanziellen Belastung der Einrichtungsorte eine Kostenerstattung zwischen vorläufig eintretendem Sozialhilfeträger und endgültig zuständigem erforderlich, die sich dann nach Abs. 1 Satz 1 richtet. Lässt sich ein gewöhnlicher Aufenthaltsort und damit ein endgültig zuständiger örtlicher Sozialhilfeträger nicht ermitteln, so ist der überörtliche Sozialhilfeträger nach Abs. 1 Satz 2 in der Erstattungspflicht.
Abs. 2 fingiert den Aufenthalt in der Einrichtung, wenn der Leistungsberechtigte sich auch zum Teil außerhalb von dieser aufhält.
Ferner sieht Abs. 3 Folgeregelungen für den Fall vor, dass der Leistungsberechtigte die Einrichtung verlässt.
Bei den Erstattungsansprüchen der §§ 106 ff. handelt es sich um besondere Lastenausgleichsregelungen. Ihr Sinn und Zweck besteht in einer gleichmäßigen Lastenverteilung unter den Trägern der Sozialhilfe, um eine als unbillig empfundene Kostenverteilung zu vermeiden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 7.2.2019, L 15 SO 198/18, Rz. 31 m. w. N.). Im Verhältnis zu anderen Erstattungsansprüchen gehen die §§ 106 ff. den Erstattungsansprüchen nach den §§ 102 ff. SGB X gemäß § 37 Satz 1 SGB I als speziellere Regelung vor (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.; BayLSG, Urteil v. 20.12.2016, L 8 SO 119/15, Rz. 7; offen gelassen von LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 22.1.2015, L 9 SO 242/12, Rz. 70). Steht die Erstattung von Rehabilitationsleistungen im Raum, sind die Erstattungsansprüche nach § 16 SGB IX allerdings gegenüber den §§ 106 ff. SGB X vorrangig (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.2.2012, L 1 SO 135/10, Rz. 49, m. w. N.). Ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Erstattungsansprüchen besteht nicht (vgl. W. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Aufl. (2015), SGB XII, § 106 Rz. 6). Im Verhältnis zum Leistungsberechtigten entfalten die §§ 106 ff. SGB XII keine Wirkungen; insbesondere findet die in § 107 SGB X geregelte Erfüllungsfiktion keine Anwendung (BSG, Urteil v. 22.3.2012, B 8 SO 2/11 R, Rz. 12, zu § 108 BSHG a. F.).
Die Regelungen der §§ 106 und 109 gelten über die Vorschrift des § 98 Abs. 4 entsprechend für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben.