Rz. 2
§ 17 übernimmt in Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 im Wesentlichen wortgleich die Vorgängervorschrift des § 4 BSHG. Hintergrund der geringfügigen sprachlichen Änderungen ist im Wesentlichen die gewünschte Angleichung an den Sprachgebrauch des SGB I.
Rz. 3
In Abs. 1 Satz 1 ist festgelegt, dass auf Sozialhilfe grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht. Damit wird § 38 SGB I konkretisiert, wonach auf Sozialleistungen ein Anspruch besteht, soweit die Leistungsträger nicht ausnahmsweise berechtigt sind, bei ihrer Entscheidung Ermessen walten zu lassen, wobei § 9 SGB I wiederum klarstellt, dass die Sozialhilfe zu den Sozialleistungen im Sinne dieser Bestimmung gehört
Rz. 4
Der Anspruch auf Fürsorge für Hilfsbedürftige ist damit nicht nur einfachgesetzlich verbrieft, sondern lässt sich auch aus der Verfassung ableiten. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BVerfG, dass die Menschenwürde (Art 1 Abs. 1 GG) und das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip den Staat zwingend verpflichten, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein sicherzustellen (erstmalig in BVerfG, Urteil v. 1.7.1953, 1 BvL 23/51; seitdem std. Rspr: Beschluss v. 12.10.1976, 1 BvL 9/74; Urteil v. 21.6.1977, 1 BvL 14/76; Beschluss v. 29.5.1990, 1 BvL 20/84 u. a.; Urteil v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09 u. a.). Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG begründen demnach ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.
Rz. 5
Auch das BVerwG hat ein subjektiv öffentliches Recht einer bedürftigen Person auf staatliche Fürsorge bereits frühzeitig anerkannt (vgl. Urteil v. 24.6.1954, V C 78.54). Die Literatur hat sich dieser Auffassung ganz weitgehend angeschlossen (a. A. Wertenbruch, FS Küchenhoff, S. 350). Dabei gewinnt der dem Grunde nach verbriefte Anspruch auf Sozialhilfe im Hinblick auf seine Herleitung aus den genannten Vorschriften des GG insofern besondere Bedeutung, als diese der "Ewigkeitsgarantie" des Art. 79 Abs. 3 GG unterliegen und daher selbst mit verfassungsändernder Zwei-Drittel-Mehrheit nicht beseitigt werden können.
Rz. 6
Indem der Gesetzgeber den Anspruch auf Sozialhilfe als Verwirklichung eines sozialen Rechtes begriffen hat, hat er dem Wandel des Verständnisses von der Fürsorge für Bedürftige Rechnung getragen. Ursprünglich war Sozialhilfe Instrument des Ordnungsrechts und diente zur Abwehr von Gefahren, die von Bedürftigkeit und vor allem Obdachlosigkeit für die öffentliche Ordnung ausgingen. Der Bedürftige war daher nicht Inhaber eines subjektiven Rechts, sondern Objekt staatlicher Fürsorge (vgl. i.E. die Darstellung bei BVerwG, Urteil v. 24.6.1954, V C 78.54, a. a. O.).
Rz. 7
Abs. 1 Satz 1 ist keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern hat nur deklaratorische Bedeutung (Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 5. Aufl. 2014, § 17 Rz. 5). Die Vorschrift setzt vielmehr voraus, dass nach Maßgabe der einzelnen Bestimmungen des SGB XII ein Anspruch auf die dort näher beschriebenen jeweiligen Leistungen gegeben ist. Insofern besteht eine Parallele zu § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB I, wonach aus den sozialen Rechten Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden können, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile des SGB im Einzelnen bestimmt sind.
Rz. 8
In Abs. 1 Satz 2 werden die allgemeinen sozialrechtlichen Vorschriften über Übertragung, Verpfändung und Pfändung in §§ 53, 54 SGB I modifiziert. Entsprechend dem Zweck der Sozialhilfe als einer Notfallsicherung werden die Übertragung, Verpfändung und Pfändung des Anspruchs generell ausgeschlossen, d. h. ohne die Möglichkeit der in §§ 53, 54 SGB I näher geregelten Ausnahmen. Es handelt sich insofern um eine Spezialregelung im Sinne von § 37 SGB I, wonach die Bestimmungen des SGB I nur gelten, soweit sich aus den einzelnen Büchern des SGB nichts Abweichendes ergibt. Diese Spezialregelung des Abs. 1 Satz 2 kennt weder im SGB II noch im AsylbLG ein Pendant (vgl. Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, § 17 Rz. 3).
Rz. 9
In Abs. 2 Satz 1 wird die allgemeine Ermessensvorschrift des § 39 SGB I ergänzt.
Rz. 10
Im Vergleich zu den Vorschriften des BSHG neu ist demgegenüber Abs. 2 Satz 2. Diese Vorschrift verpflichtet den Sozialhilfeträger, Ermessensleistungen im Hinblick auf die ihnen zugrunde liegenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall abzuändern. Damit soll eine qualifizierte und zielgerechte Leistungserbringung gewährleistet werden (BT-Drs. 15/1514 S. 57), und zwar nicht nur zum Zeitpunkt der (erstmaligen) Verwaltungsentscheidung, sondern während der gesamten Dauer der Leistungsgewährung. Jedenfalls im Falle eines von ihm erlassenen Dauerverwaltungsaktes ergibt sich die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Kontrolle und Überprüfung der bei Erlass vorliegenden Umstände aber bereits aus § 48 SGB X.