Rz. 7

In Abs. 1 Satz 1 wird der Anspruch auf Sozialhilfe für Ausländer beschränkt. Ausländer im Sinne dieser Bestimmung ist – ebenso wie nach § 2 Abs. 1 AufenthG (Aufenthaltsgesetz v. 30.7.2004, BGBl. I S. 1950) – jeder, der nicht Deutscher i. S. v. Art. 116 Abs. 1 GG ist (vgl. hierzu Komm. zu § 24). Wegen dieser Negativabgrenzung kommt es nicht darauf an, ob eine anderweitige Staatsangehörigkeit besteht. Auch Staatenlose sind daher Ausländer i. S. v. Abs. 1 Satz 1, sofern für sie nicht nach Abs. 1 Satz 5 eine Sonderregelung eingreift (ebenso: Coseriu, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 SGB XII Rz. 19). Auch EU-Bürger sind nach dieser Definition Ausländer, wobei fur sie Besonderheiten gelten (vgl. dazu auch Wahrendorf, a. a. O., § 23 Rz. 13 ff.)

 

Rz. 8

Der Anspruch auf Sozialhilfe ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich von vornherein für Ausländer mit Diplomatenstatus ausgeschlossen (vgl. Herbst, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 23 Rz. 5 m. w. N.). Artikel 33 Abs. 1 Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen v. 18.4.1961 (BGBl. II 1964 S. 957, 1006, 1018) lässt sich zur Begründung eines solchen Ausschlusses allerdings nicht heranziehen (so aber Adolph, a. a. O., § 23 Rz. 21). Danach sind diplomatische Vertreter nur in Bezug auf ihre Dienste für den Entsendestaat von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit. Das System der deutschen Sozialhilfe knüpft jedoch, anders als die Sozialversicherung, nicht an die Beschäftigung und damit auch nicht an die "Dienste" an. Die Sozialhilfe begründet zudem primär Vorteile und zwingt nicht zur Beteiligung an einem System der sozialen Sicherheit. Nach Auffassung des BVerwG ergibt sich der Anspruchsausschluss für Ausländer mit Diplomatenstatus jedoch daraus, dass er mit dem Wesen und der Funktion des diplomatischen Dienstes unvereinbar sei (BVerwG, Urteil v. 29.2.1996, 5 C 23/95, BVerwGE 100 S. 300; Zeitler, a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 11.2.1992, 8 B 536/92, FEVS 42 S. 276). Allerdings kommen auch insoweit Ausnahmen in Betracht: So kann dem einzelnen Diplomaten der grundsätzliche Ausschluss nicht entgegengehalten werden, wenn er seine diplomatischen Aufgaben aus Gründen z. B. der Bürgerkriegssituation in seinem Herkunftsland nicht mehr erfüllen kann und daher jegliche dienstliche Tätigkeit faktisch eingestellt hat. In der Praxis wird man seine Abkehr vom diplomatischen Dienst dabei durch die Aufforderung überprüfen können, den Diplomatenpass abzugeben (BVerwG, Urteil v. 29.2.1996, a. a. O.; Coseriu a. a. O., § 23 SGB XII Rz. 46).

 

Rz. 9

Voraussetzung ist nach Abs. 1 Satz 1 weiter ein – wenn auch unter Umständen nur vorübergehender – tatsächlicher Aufenthalt des Ausländers im Inland. Anders als nach § 24 kommt es nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt an, der grundsätzlich auch trotz eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes im Inland bestehen kann. Ebenso wenig ist entscheidend, ob der Aufenthalt legal ist.

 

Rz. 10

Liegen die genannten Voraussetzungen vor, so besteht gemäß Abs. 1 Satz 1 ein Rechtsanspruch auf folgende Leistungen:

  • Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40);
  • Hilfe bei Krankheit (§ 48) sowie Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 50), d. h. nicht die vorbeugende Gesundheitshilfe (§ 47), die Hilfe zur Familienplanung (§ 49) oder bei Sterilisation (§ 51);
  • Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66).
 

Rz. 11

Indem die Hilfen "nach diesem Buch" zu leisten sind, kommt zum Ausdruck, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die jeweiligen Hilfearten sowohl hinsichtlich der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen einschließlich des Einsatzes von Einkommen oder Vermögen als auch in Bezug auf die Rechtsfolgen, d. h. Art und Umfang der Hilfe, erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 3.5.1989, 5 B 8/89, Buchholz 436.0, § 120 Nr. 11; Adolph, a. a. O., § 23 Rz. 27, 28).

 

Rz. 12

Dabei kann die Ausländereigenschaft auch bei Auslegung und Anwendung der übrigen Vorschriften des SGB XII zum Tragen kommen. So ist das im Herkunftsland liegende Haus eines seit Jahren in Deutschland lebenden sozialhilfebedürftigen Ausländers, das nur als Ferienhaus während des Urlaubs genutzt wird, (auch) vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes nicht als Schonvermögen i. S. v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 anzusehen (BVerwG, Beschluss v. 3.5.1989, 5 B 8/89, Buchholz 436.0, § 120 Nr. 11). Die Krankenhilfe nach § 48 kann auch die Übernahme von Kosten sprachlicher Hilfeleistungen durch eine Begleitperson (Dolmetscherkosten) umfassen, wenn und soweit der Anspruch ohne sie nicht erfüllt werden kann (BVerwG, Urteil v. 25.1.1996, 5 C 20/95, BVerwGE 100 S. 257).

 

Rz. 13

Nach Abs. 1 Satz 2 bleiben die Vorschriften des Kap. 4 unberührt. Das bedeutet, dass unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 Satz 1 auch Ausländer einen Anspruch auf Grundsicherung nach Maßgabe der §§ 41 bis 46 haben können. Voraussetzung hierfür ist allerdings, anders als bei Abs. 1 Satz 1, nicht der tatsächliche sondern der gewöhnliche Aufenthalt im Inland (§ 41 Abs. 1). Eine Erklä...

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