Rz. 27
Anzunehmen ist dies bei folgenden völkerrechtlichen Regelungen:
Rz. 28
Artikel 1 Europäisches Fürsorgeabkommen (EFA) v. 11.12.1953 (BGBl. II 1956 S. 563), wonach sich die vertragschließenden Staaten verpflichten, "den Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge ... zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind". (Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 15.11.1999, 22 A 45/99, FEVS 51 S. 501.). Nach dem Zusatzprotokoll zum EFA sind Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Rz. 30) einbezogen. Es handelt bei Art. 1 EFA um unmittelbar geltendes Bundesrecht (vgl. BSG, Urteil v. 19.10.2010, B 14 AS 23/10 R). Zu den Unterzeichnern des EFA gehören Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien, Türkei und das Vereinte Königreich. Der Ausschluss nach Abs. 3 Satz 1 1. Alternative bleibt bestehen, denn durch das EFA soll nur denjenigen Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten der sozialen Schutz durch den Aufenthaltsstaat gewährt werden, die zur Zeit des Eintritts der Hilfsbedürftigkeit dort bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten (Coseriu, a. a. O., § 23 SGB XII Rz. 33; a. A. SG Braunschweig, Beschluss v. 3.11.2014, S 32 SO 124/14 ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 8.1.2015, L 8 SO 314/14 B ER). Der Ausschluss nach Abs. 3 Satz 1 2. Alternative greift nicht bei arbeitsuchenden Ausländern, die sich auf das EFA berufen können (BSG, Urteil v. 19.10.2010, a. a. O.). Im Anhang II des EFA hat Deutschland zuletzt am 19.12.2011 Vorbehalte hinsichtlich der Gleichstellung bei bestimmten Leistungen gemacht (ausführlich zum Ganzen: Coseriu, a. a. O., Anhang zu § 23 – Die Sozialhilfe als Gegenstand des Europäischen Rechts).
Rz. 29
Artikel 2 Abs. a Buchst. ii Satz 2 Europäisches Fürsorgeabkommen, wonach ehemalige Staatsangehörige eines Ratifizierungsstaates, die ihre Staatsangehörigkeit verloren haben, ohne dass sie ihnen aberkannt wurde, und die dadurch staatenlos geworden sind, bis zum Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit wie Staatsangehörige zu behandeln sind.
Rz. 30
Artikel 23 Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) v. 28.7.1951 (BGBl. II 1953 S. 559), wonach die vertragschließenden Staaten den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen gewähren (vgl. hierzu BVerwG, Urteil v. 18.5.2000, 5 C 29/98, BVerwGE 111 S. 200), nachdem Art. 2 i. V. m. Art. 1 des Zusatzprotokolls zum Europäischen Fürsorgeabkommen (a. a. O.) die Vorschriften von dessen Teil I auch auf Flüchtlinge i. S. v. Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention für anwendbar erklärt. Flüchtlinge in diesem Sinne sind Asylberechtigte, Konventionsflüchtlinge, Kontingentflüchtlinge und heimatlose Ausländer.
Rz. 31
Artikel 7 Abs. 2 VO Nr. 1612/68 (EWG) – Verordnung über die Arbeitnehmerfreizügigkeit -, wonach Arbeitnehmern aus der Europäischen Union die gleichen sozialen Vergünstigungen zustehen wie inländischen Arbeitnehmern. Hierzu gehört auch die Gewährung von Sozialhilfe (Herbst, § 23 Rz 33).
Rz. 32
Österreichische Staatsangehörige, die sich im Geltungsbereich des SGB XII aufhalten, sind bei der Gewährung von Sozialhilfe Deutschen gleichgestellt, sofern sie nicht zwecks Inanspruchnahme von Sozialhilfe nach Deutschland eingereist sind (Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege vom 17.1.1966, BGBl. II 1969 S. 1;). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich im Wesentlichen nach den Kriterien, die für § 24 Abs. 3 Satz 1 gelten (vgl. Komm. zu § 24). Die Gewährung von Sozialhilfe an einen österreichischen Staatsangehörigen setzt indessen nicht zwingend voraus, dass die Hilfebedürftigkeit erst nach der Aufenthaltnahme im Bundesgebiet eingetreten ist (BVerwG, Urteil v. 19.6.1980, 5 C 66/79, FEVS 28 S. 441; Wahrendorf, a. a. O., § 23 Rz. 26 m. w. N.).
Rz. 33
Vergleichbares galt für Schweizer Staatsangehörige nach Art. 1 i. V. m. Art. 8 der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizer Eidgenossenschaft über die Fürsorge für Hilfsbedürftige v. 14.7.1952 (BGBl. II 1953 S. 31, 129; II 1954 S. 779). Diese Vereinbarung ist zum 31.3.2006 außer Kraft getreten (BT-Drs. 16/2711, S. 13; vgl. auch Komm. zu § 24 und § 100). Seit dem sind Schweizer Staatsangehörige Deutschen nicht mehr gleichgestellt.
Rz. 34
Artikel 12 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) v. 25.3.1957 (BGBl. II S. 766, 1678; BGBl. II 1958...