Rz. 2
In § 24 sollten ursprünglich die Regelungen der §§ 119, 147b BSHG in einer Regelung zusammengefasst, in ihrem wesentlichen Gehalt jedoch übernommen werden (Fassung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BR-Drs. 559/03 S. 22 sowie Begründung S. 187). Im Anschluss an den Beschluss des OVG Lüneburg v. 11.8.2003, 4 ME 310/03, NJW 2003 S. 3289), durch den das Niedersächsische Landesamt für Soziale Aufgaben verpflichtet wurde, einem Antragsteller ab dem 1.8.2003 für die Zeit von 6 Monaten Hilfe zum Lebensunterhalt für Unterkunftskosten in Miami-Beach, Florida (USA) i. H. v. 875,00 $ monatlich zu gewähren, entstand indessen eine öffentliche Diskussion um die Sozialhilfeleistungen für Deutsche im Ausland (vgl. zur Kritik hieran Hamann/Perger, Die Angst-Macher, DIE ZEIT Nr. 9/2004; Katins, Die BILD-Zeitung als Katalysator des gesunden Volksempfindens, Humboldt Forum Recht 2004, Beitrag 10 S. 1). Obwohl von den rund 25 Mrd. EUR, die im Jahr 2002 für Sozialhilfe in Deutschland ausgegeben wurden, lediglich rund 4,3 Mio. EUR, also 0,017 %, auf diese Leistungen entfielen, empfahlen der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und weitere Ausschüsse des Bundesrates diesem bereits am 16.9.2003, § 24 vollständig zu streichen (BR-Drs. 559/1/03 S. 18). Zur Begründung wurde ausgeführt, der bisherige § 119 BSHG habe nur vor dem Hintergrund Sinn gehabt, dass nach dem zweiten Weltkrieg viele Deutsche notgedrungen im Ausland gelebt hätten. Tatsächlich seien aber in den letzten Jahren "zunehmend Fälle missbräuchlicher Inanspruchnahme aufgetreten, indem Deutsche sich in ausländischen Touristengebieten niederließen, durch Gelegenheitsarbeiten unkontrollierbare Einkünfte erzielten und daneben Sozialhilfeleistungen in Anspruch nahmen" (a. a. O., S. 19). Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung des Bundestages empfahl daraufhin die nunmehr Gesetz gewordene Fassung des § 24 und fügte darüber hinaus zwei Übergangsvorschriften für bisherige Leistungsbezieher in Gestalt der §§ 126a, 126b (jetzt: §§ 132, 133) ein (BT-Drs. 15/1734 S. 21, 67 ff.; zur Begründung vgl. den Bericht des Ausschusses 16.10.2003, BT-Drs. 15/1761 S. 6 ff.; vgl. die Komm. zu §§ 132, 133). Die bemerkenswerte Themenkarriere ("Sozialhilfe unter Palmen", so die zuständige Ressortministerin Schmidt) führte innerhalb weniger Wochen zu einer grundlegenden Umgestaltung des gesamten Anspruchssystems der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland (Kritik hieran u. a. bei Thüsing, NJW 2003 S. 3246, und Hirschboeck, Von der Macht der Medien und dem Sinn der Sozialhilfe, NJW-aktuell, 8/2004 S. XVI). Schellhorn (NDV 2004 S. 167 [170]) beklagt demgegenüber, dass die Vorschrift nicht ganz gestrichen und der Schutz der Deutschen im Ausland nicht allein über konsularische Maßnahmen bewerkstelligt wird (so auch Berlit, in: LPK SGB XII, 9. Aufl. § 24 Rz. 2).
Rz. 3
Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten nunmehr nach § 24 grundsätzlich keine Leistungen der Sozialhilfe mehr. Eine Ausnahme besteht nur im Fall einer außergewöhnlichen Notlage, die in Abs. 1 auf drei Ausnahmefälle beschränkt wird. Die Einführung dieses Katalogs begründet der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung damit, dass der in § 119 BSHG enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der "besonderen Notfälle" teilweise sehr weit ausgelegt worden sei, mit der Folge, dass "die Berechtigung einer Sozialhilfegewährung an Deutsche im Ausland in der öffentlichen Diskussion generell in Frage gestellt worden" sei und "sogar die Akzeptanz der Sozialhilfe als unterstes soziales Netz gelitten" habe (BT-Drs. 15/1761 S. 6). Diese Begründung ist dem Bemühen des Gesetzgebers zuzuschreiben, die Verantwortung für sein Handeln auf die anderen Gewalten, namentlich die Judikative, zu verlagern. Die Rechtsprechung zu § 119 BSHG war bei der Konzeption des SGB XII seit Jahren bekannt und hatte auch durch den erwähnten Beschluss des OVG Lüneburg keine wesentlichen neuen Impulse erhalten, nachdem es dort in erster Linie um die Auslegung von § 3 Abs. 1 RegelsatzVO gegangen war. Wenn diese Rechtsprechung tatsächlich als bedrohender Missstand empfunden worden wäre, der die Legitimation der Sozialhilfe insgesamt in Frage stellte, hätte wohl nichts nähergelegen, als § 24 von Anfang an völlig neu zu fassen und nicht – wie ursprünglich beabsichtigt – im Wesentlichen an § 119 BSHG anzulehnen.
Rz. 4
Allerdings stellt § 24 nur hinsichtlich der wesentlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland eine Abkehr von § 119 BSHG dar. Zahlreiche andere Teilregelungen dieser Bestimmung bestehen dagegen in § 24 fort. Das gilt für § 119 Abs. 3 Satz 1 BSHG, der in § 24 Abs. 2 aufgegangen ist, für § 119 Abs. 4 BSHG, der unverändert in § 24 Abs. 3 übernommen worden ist, sowie für § 119 Abs. 5 und 5a BSHG, die in vereinfachter bzw ergänzter Form zu § 24 Abs. 4 und 5 geworden sind. Die Vorschrift wird als verfassungsmäßig, insbesondere als vereinbar mit Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialsta...