Rz. 37
Abweichend von § 18 Abs. 1 setzt gemäß Abs. 4 S. 1 die Sozialhilfe nicht ein, sobald dem Sozialhilfeträger oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen, sondern erst mit einem Antrag des Leistungsberechtigten nach Maßgabe des § 16 SGB I. Dies soll verdeutlichen, dass in dem Antrag das Vorliegen einer der drei in Abs. 1 Satz 2 geregelten Ausnahmefälle nachgewiesen und vom zuständigen Sozialhilfeträger überprüft werden muss (BT-Drs. 15/1761 S. 6).
Rz. 38
Für den Antrag sind weder eine bestimmte Form noch eine Frist vorgesehen. Stellvertretung sowie ein Antrag durch den Betreuer sind möglich (Adolph, in: Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsybLG, Stand: April 2012, § 24 Rz. 60 f.; Baur, in: Mergler/Zink, a. a. O., SGB XII, § 24 Rz. 31). Ein Antragformular kann allerdings bei Bedarf im Internet als Anlage 5 (S. 29) zum "Leitfaden für Leistungen an Deutsche im Ausland nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)" der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger v. 20.6.2005 auf der Homepage des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe abgerufen werden (http://www.lwl.org/spur-download/bag/LeitfadenText.pdf).
Rz. 39
Die Anträge sind grundsätzlich beim zuständigen Sozialhilfeträger zu stellen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Sie werden jedoch auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und – was im Rahmen von § 24 besonders wichtig ist – bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Anträge, die bei einer der in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB I genannten Stellen eingehen, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten (§ 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I).
Rz. 40
Unmittelbar anwendbar ist § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I. Der Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach § 24 gilt danach als zu dem Zeitpunkt gestellt, zu dem er bei einer der in § 16 Abs. 1 SGB I genannten Stellen eingegangen ist.
Rz. 41
Unmittelbar anwendbar sind auch die Auskunfts- und Beratungspflichten nach §§ 13 ff. SGB I bzw. gemäß § 10 Abs. 2. Deren Verletzung, insbesondere hinsichtlich des Rechts, einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe zu stellen, kann dementsprechend einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auslösen (vgl. auch Coseriu, a. a. O., § 24 Rz. 60). Beratungsfehler der Dienststellen nach Abs. 5 sind dem zuständigen Sozialhilfeträger dabei zuzurechnen. Dies beruht auf der Verpflichtung der Zusammenarbeit zwischen dem zuständigen Sozialhilfeträger und den deutschen Dienststellen im Ausland (§ 24 Abs. 6) im Sinne eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens (Coseriu, a. a. O., § 24 Rz. 60 m. w. N.).
Rz. 42
Wer zuständiger Sozialhilfeträger – auch i. S. v. § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB I – ist, ergibt sich aus Abs. 4 Satz 2 bis 4 und Abs. 5. Die Vorschrift ist Spezialregelung zu §§ 97, 98.
Rz. 43
Sachlich zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe (Abs. 4 Satz 2). Wer dies ist, bestimmen die Länder (vgl. im Einzelnen die Komm. zu § 97 Abs. 2 Satz 1). Damit ist gleichzeitig klargestellt, dass sich die Tätigkeit der deutschen Dienststellen im Ausland auf eine reine Hilfeleistung beschränkt und nicht mit der Übertragung von Entscheidungskompetenzen verbunden ist.
Rz. 44
Örtlich zuständig ist grundsätzlich derjenige überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist (Abs. 4 Satz 2). Der Geburtsort wird sich i. d. R. aus Reisepass oder Personalausweis ergeben. Liegt er nicht im Geltungsbereich des SGB XII oder lässt er sich nicht ermitteln, so wird der örtlich zuständige Träger von einer "Schiedsstelle" bestimmt (Abs 4 Satz 3). Gemeint ist damit das Bundesverwaltungsamt (Abs. 4 Satz 4 i. V. m. § 108 Abs. 2 Satz 1).
Rz. 46
Absatz 5 regelt die Zuständigkeit für den Fall, dass mehrere Mitglieder einer Familiengemeinschaft im Ausland "bei Einsetzen der Sozialhilfe" zusammenleben. Das Einsetzen der Sozialhilfe richtet sich dabei abweichend von § 18 Abs. 1 nicht nach der Kenntnis der zuständigen Behörde, sondern gemäß Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 16 SGB I nach dem Eingang des Antrags. Gegenüber der Vorgängervorschrift § 119 Abs. 5a BSHG ist die Regelung um den Lebenspartner erweitert worden. Abs. 5 Satz 1 setzt das Zusammenleben voraus. Eine Haushaltsgemeinschaft ist hingegen nicht erforderlich (Adolph, in: Linhart/Adolph, a. a. O., SGB XII, § 24 Rz. 70). Absatz 5 Satz 1 erstreckt sich auf den Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte (§ 1589 BGB) und Verschwägerte (§ 1590 BGB). Ein besonderer Verwandtschafts- und Schwägerschaftsgrad ist nicht erforderlich.
Rz. 47
Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, richtet sich die Zuständigkeit nach dem Geburtsort der ältesten der von Abs. 5 Satz 1 erfassten Personen, die im Inland geboren ist. Ob die betreffende Person selbst sozialhilfebedürftig ist, ist unerheblich. Liegt der Geburtsort dieser Person im Ausland oder ist er nicht zu bestimmen, greift wiederum der Sc...