Rz. 19
Der Anspruch des Dritten setzt voraus, dass seine Hilfe bei rechtzeitigem Eingreifen der Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wäre. Diese Formulierung setzt implizit voraus, dass der Leistungsberechtigte auf die ihm von dem Dritten gewährten Leistungen dem Grunde nach einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger hatte, der allein deshalb nicht entstanden ist, weil es am Merkmal der "Kenntnis" i. S. v. § 18 fehlte (BSG, Urteil v. 19.5.2009, B 8 SO 4/08 R mit Anm. Wahrendorf, jurisPR-SozR 3/2010; Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 25 Rz. 17; Schoch, DVP 1997 S. 185). Insoweit muss der Hilfebedürftige einen hypothetischen Anspruch auf Sozialhilfe gehabt haben.
Rz. 20
Hierzu müssen sämtliche Anspruchsvoraussetzungen des jeweiligen Anspruchs vorgelegen haben, und zwar einschließlich des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1) sowie der Bedürftigkeit (vgl. z. B. § 19 Abs. 1 Satz 1). Auch sind etwaige Ausschlussgründe (§ 22 Abs. 1 und § 23 Abs. 3) zu beachten.
Rz. 21
Bei Ermessensleistungen (Soll- oder Kann-Leistungen) hat der Sozialhilfeträger dabei das Recht und die Pflicht zur nachträglichen Ausübung pflichtmäßigen Ermessens (Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 25 Rz. 19; Waldhorst-Kahnau, in: jurisPK-SGB XII, § 25 Rz. 39 m. w. N.; Dauber, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 25 Rz. 16). Demnach scheidet der Anspruch des Dritten nach § 25 aus, wenn der Sozialhilfeträger die von ihm bereitgestellte Leistung bei pflichtmäßigem Ermessen hätte ablehnen können und voraussichtlich auch abgelehnt hätte.
Rz. 22
Diejenigen Mittel, die der Sozialhilfeträger dem Dritten unter dem Gesichtspunkt des Nachrangs der Sozialhilfe als "bereit" entgegenhalten kann (vgl. dazu die Komm. zu § 2), sind naturgemäß durch das Erfordernis des Eilfalls eingeschränkt. So stellen Ansprüche auf Krankenversicherungsleistungen, für die erst noch eine Mitgliedschaft begründet werden muss, im Falle einer unaufschiebbaren und dringend notwendigen ärztlichen Behandlung grundsätzlich keine "bereiten Mittel" dar, die es dem Sozialhilfeträger erlauben würden, die Leistung von Krankenhilfe zu verweigern (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 27.9.1995, 6 S 2522/94). Hat es hingegen der Hilfebedürftige ausdrücklich abgelehnt, Sozialhilfeleistungen anzunehmen, steht dies auch einem Anspruch des Nothelfers entgegen, denn Sozialhilfe darf nicht aufgezwungen werden (BSG, Urteil v. 23.8.2013, B 8 SO 19/12 R).
Rz. 23
Hinsichtlich der Bedürftigkeit kommt es auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Hilfeempfängers im Bedarfsmonat an (OVG Lüneburg, Beschluss v. 12.11.2001, 4 LB 2522/01, FEVS 54 S. 141). Die hierzu erforderlichen Ermittlungen erübrigten sich indessen nach der zum BSHG ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung unter Umständen dann, wenn die Voraussetzungen erfüllt waren, unter denen die nach dem früheren § 29 BSHG (vgl. die nunmehr geltende Vorschrift des § 19, insbesondere § 19 Abs. 5) sog. "erweiterte Hilfe" erbracht werden konnte (BVerwG, Urteil v. 28.3.1974, V C 27.73, BVerwGE 45 S. 131; Beschluss v. 17.1.2002, 5 B 89/01, FEVS 53 S. 497; OVG Lüneburg, Urteil v. 19.1.1999, 4 L 5250/98, FEVS 51 S. 94). Ob diese Rechtsprechung auch unter Geltung des SGB XII weiter anzuwenden und die erweiterte Hilfe nach § 19 Abs. 5 als eine Leistung anzusehen ist, die der Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnis zu erbringen gehabt hätte, ist umstritten (vgl. dazu Waldhorst-Kahnau, a. a. O., § 25 Rz. 40 m. w. N.).