Rz. 51
Die Karenzzeit findet Anwendung auf Bewilligungszeiträume, die frühestens im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung, also am 1.1.2023, beginnen. Ihre Dauer beträgt ein Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach dem SGB XII bezogen werden (Abs. 1 Satz 2).
Die Formulierung "ab Beginn des Monats" deutet darauf hin, dass die Karenzzeit für volle Kalendermonate gilt (so auch Scheider, a. a. O.).
Rz. 52
Die Karenzzeit verlängert sich um volle Monate ohne Leistungsbezug, wenn der Leistungsbezug in der einjährigen Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen wird (Abs. 1 Satz 4).
Erfasst sind nach dem Gesamtzusammenhang der Vorschrift (s. o.) Unterbrechungen des Bezugs von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII für mindestens einen Monat. Ob es sich dabei um volle Kalendermonate handeln muss oder die Unterbrechung auch innerhalb eines Monats (z. B. am 10. eines Monats) beginnen kann und dann – in entsprechender Anwendung der §§ 187, 188 BGB – mindestens bis zum Tag des Folgemonats andauern muss, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem die Unterbrechung eingetreten ist (für Letzteres Scheider, a. a. O.), lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen.
Rz. 53
Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens 3 Jahre keine Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII oder nach dem SGB II bezogen worden sind (Abs. 1 Satz 5).
Rz. 54
Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten 2 Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII Leistungen nach dem SGB II bezogen haben, wird die nach § 22 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB II bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt (Abs. 1 Satz 6), also von der einjährigen Karenzzeit in Abzug gebracht. Denkbar ist dies beispielsweise, wenn eine leistungsberechtigte Person nach Erreichen der Altersgrenze (§ 41 Abs. 2) aus dem Leistungsbezug nach dem SGB II ausscheidet und in das SGB XII wechselt.
Rz. 55
Abs. 2 regelt Prüf- und Mitteilungspflichten des Trägers der Sozialhilfe.
Nach Satz 1 prüft der Sozialhilfeträger bei Neuzugängen (bereits) zu Beginn der Karenzzeit nach Abs. 1 Sätze 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Insofern ergibt sich aus der zum 1.1.2023 neu eingeführten Karenzzeit keine Änderung gegenüber dem zuvor geltenden Recht. Obwohl die Karenzzeit nur für die Bedarfe für Unterkunft gilt, umfasst die Prüfpflicht auch die Bedarfe für Heizung.
Satz 2 regelt Informationspflichten des Sozialhilfeträgers: Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Sozialhilfeträger dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie ferner über die Dauer der Karenzeit nach Abs. 1 Sätze 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Abs. 3 Satz 2. Auf diese Weise sollen Leistungsberechtigte, die neu in das System des Dritten oder Vierten Kapitels des SGB XII kommen, frühzeitig informiert werden, dass sie mit Ablauf der Karenzzeit mit einer Kostensenkungsaufforderung rechnen müssen, um sich hierauf einstellen zu können (vgl. BT-Drs. 20/3873 S. 112).
Die Informationspflicht besteht nur, wenn die Prüfung ergibt, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung aus Sicht des Sozialhilfeträgers unangemessen sind. Sie hat lediglich Warnfunktion (vgl. BT-Drs., a. a. O.) und ersetzt daher nicht die Information der leistungsberechtigten Person über ihre Obliegenheitsverpflichtung zur Senkung der Aufwendungen für Unterkunfts- und/oder Heizung nach § 35 Abs. 3 (so auch Scheider, a. a. O.; vgl. zum Kostensenkungsverfahren weiter unten).