Rz. 127
Mangels abstrakter Definition ist letztlich im Einzelfall zu entscheiden, welche konkreten Aufwendungen den Bedarfen für Heizung zuzurechnen sind. Grundsätzlich zählen dazu die (vertraglich geschuldeten) Vorauszahlungen an Vermieter, Energieversorgungsunternehmen (Gas- bzw. Stromheizung), Fernwärmeunternehmen (Heizung mit Fernwärme) oder für Brennstoffe (Öl und Gastank bzw. Ofenheizung) sowie die Kosten für Wartung und Instandhaltung (Bremer, NZS 2010, 189). Insbesondere die (oftmals nur saisonal) anfallenden Kosten für Festbrennstoffe (Öl, Kohle, Holz) sind jeweils tatsächliche Heizkosten, die grundsätzlich in vollem Umfang in dem Monat zu übernehmen sind, in dem sie anfallen (BSG, Urteil v. 16.5.2007, B 7b AS 40/06 Rz. 9 m. w. N.; vgl. auch Stellungnahme der Bundesregierung BT-Drs. 17/6856 S. 25 zu Nr. 41). Die Verteilung der tatsächlich nur in einem Monat pro Jahr anfallenden Kosten etwa auf einen 12-Monats-Zeitraum ist nicht zulässig (SG Nordhausen, Urteil v. 10.11.2015, S 13 AS 1351/14). Auch Stromkosten können Heizkosten sein (s. o.); dies etwa, wenn ein Badezimmer nur über einen elektrischen Heizlüfter (Radiator) beheizt werden kann. Das Gleiche gilt für die Anschaffung eines (Einzel-)Ofens, insbesondere wenn vermieterseitig die Ausstattung einer Mietwohnung mit einer Heizvorrichtung nicht geschuldet ist (a. A. SG Gelsenkirchen, Urteil v. 31.11.2011, S 2 SO 74/09).
Rz. 128
Inhaltlich gelten für den Begriff der Heizkosten im Hinblick auf bedürftige Mieter einerseits und bedürftige Eigentümer (eines Hauses oder einer Eigentumswohnung) andererseits grundsätzlich keine Besonderheiten. Im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG ist zwischen einem Eigentümer eines selbst genutzten Hausgrundstücks und einem hilfebedürftigen Mieter jedoch zu berücksichtigen, dass bei den Vorauszahlungen, die an den Vermieter für die Beheizung der Unterkunft zu leisten sind, Kosten des Betriebs einer zentralen Heizungsanlage enthalten sind. Gemäß § 2 Nr. 4 Buchst. a BetrKV gehören dazu auch die Kosten des Betriebsstroms der Heizungsanlage. Der Betrieb der Heizungspumpe ist untrennbar mit dem Betrieb der Heizung als solcher verbunden, sodass die Übernahme entsprechender Kosten (auch nach dem 31.12.2010) grundsätzlich in die Berechnung der angemessenen Heizkosten einzustellen ist (vgl. BSG, Urteil v. 3.12.2015, B 4 AS 47/14 R Rz. 12 ff.; BSG, Urteil v. 7.7.2011, B 14 AS 51/10 R Rz. 15 m. w. N.). Auch in Mieterhaushalten können solche Kosten anfallen; etwa für den Betrieb einer Gastherme. Existiert für den Strom, der für den Betrieb einer Heizungsanlage erforderlich ist, kein separater Zähler, sodass Stromkosten nicht konkret ausgewiesen werden können, kommt eine Schätzung gemäß § 202 SGG i. V. m § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht (BSG, Urteil v. 3.12.2015, B 4 AS 47/14 R Rz. 18 ff.; BSG, Urteil v. 7.7.2011, B 14 AS 51/10 R a. a. O., Rz. 16 m. w. N.; BSG, Urteil v. 20.8.2009, B 14 AS 41/08 R). Um einen Bezugspunkt für eine realitätsnahe Schätzung des Energieanteils, der auf die Heizung entfällt, zu finden, sind ggf. weitere Ermittlungen anzustellen (BSG, Urteil v. 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R Rz. 35). Zur Ermittlung der Schätzungsgrundlagen kann an die Rechtsprechung der Zivilgerichte in Mietsachen angeknüpft werden, die sich entweder an einem geschätzten Anteil der Brennstoffkosten oder an einem geschätztem Stromverbrauch während einer ebenfalls geschätzten Betriebszeit der Heizungsanlage orientiert (BSG, Urteil v. 3.12.2015, B 4 AS 47/14 R Rz. 23 m. w. N.). Unter Heranziehung mietrechtlicher Grundsätze zur Heizkostenabrechnung in einem Mietverhältnis kann aufgrund entsprechender Erfahrungswerte davon ausgegangen werden, dass die Kosten des Betriebsstroms für die Heizung (höchstens) 5 % der Brennstoffkosten betragen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.3.2011, L 12 AS 2404/08 Rz. 22).
Rz. 129
(Nach-)Forderungen aus einer Jahres- oder Schlussrechnung (des Vermieters und/oder eines Versorgungsunternehmens), die sich auf Heizkosten (oder die Kosten für die Wassererwärmung) beziehen, sind grundsätzlich keine Schulden, sondern Heizkosten, und zwar in dem Monat, in dem die Forderung aus der Abrechnung fällig wird (vgl. BSG, Urteil v. 22.3.2010, B 4 AS 62/09 R Rz. 13 m. w. N.; BSG, Urteil v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R Rz. 16; vgl. auch Komm. zu § 36; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 19.4.2010, L 20 SO 18/09 Rz. 28). Die Rechtslage ist insoweit nicht anders als bei Nachforderungen aus einer Nebenkostenabrechnung im Rahmen der Unterkunftskosten (zu Einzelheiten s. o. ). Schulden, die ggf. über § 36 zu decken sein können, liegen allerdings dann vor, wenn Rückstände aufgelaufen sind, obwohl die Vorauszahlungen bereits in voller Höhe bei der Berechnung des Leistungsanspruches berücksichtigt worden waren und der Leistungsberechtigte die Vorauszahlungen dennoch nicht an das Versorgungsunternehmen erbracht hat (s. o.). Erstattungen aus zu hohen Heizkostenvorauszahlungen sind demgegenüber – nach den allgemeinen Regeln – Einkommen (§ 82 Abs. 1) im Zufluss...