Rz. 2
Die Vorschrift war zum 1.1.2005 neu. Sie gilt auch für Leistungen nach dem Vierten Kapitel (vgl. § 42 Nr. 5). Nach dem Recht des BSHG war lediglich die Möglichkeit der Darlehensgewährung bei vorübergehender Notlage vorgesehen (früher § 15b BSHG, jetzt § 38). Die ergänzende Regelung des § 37 steht im Zusammenhang mit der Neukonzeption der Regelsätze (im Einzelnen dazu Heinz, ZfF 2014 S. 139 ff., 144). Eine ähnliche Regelung für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende enthält § 24 Abs. 1 SGB II.
Rz. 3
Nach dem Inhalt der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1514 S. 61 zu § 31) trägt sie dem Umstand Rechnung, dass infolge der weitreichenden Einbeziehung fast aller Bedarfstatbestände in den monatlich auszuzahlenden Regelbedarf (vgl. dazu die Komm. zu § 27a) die Situation entstehen kann, dass ein notwendiger Bedarf aktuell tatsächlich nicht gedeckt werden kann. Die Vorschrift dient also der Abfederung sog. Bedarfsspitzen. Ein derartiger Fall liegt beispielsweise vor, wenn mehrere größere Anschaffungen erforderlich sind und eine Neubeschaffung mangels ausreichender Ansparungen nicht möglich ist. In diesen Fällen sollen die Träger der Sozialhilfe die Möglichkeit haben, die Leistungen als Darlehen zu erbringen (vgl. zu einzelnen Anwendungsbeispielen aus der Rechtsprechung ausführlich Mester, ZfF 2015 S. 169). Die Vorschrift wurde im Vorfeld ihrer Einführung insbesondere mit der Begründung kritisiert, dass durch die Möglichkeit der Darlehensgewährung die Problematik nicht bedarfsdeckender Pauschalen nur zeitlich verschoben würde (vgl. Berlit, Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, info also 2003 S. 195, 202). Das BVerfG hat zwischenzeitlich entschieden, dass das durch die Möglichkeit der Gewährung ergänzender Darlehen flankierte Ansparkonzept des Gesetzgebers verfassungsrechtlich dann unbedenklich ist, wenn nicht nur Bedarfsspitzen, sondern auch dauerhafte atypische Bedarfslagen abgefangen werden können (vgl. Urteil v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09 u. a. Rz. 150, 207). Dies wird im SGB XII durch § 27 Abs. 4 Satz 1 gewährleistet.
Rz. 4
Ebenso wie das BSHG enthält das SGB XII keine allgemeinen Bestimmungen über die Art und Weise der Gewährung bzw. die Rückzahlung von Darlehen (vgl. BT-Drs. 15/1514). Die Möglichkeit der Gewährung von Leistungen als Darlehen wird vielmehr nur an einzelnen Stellen des Gesetzes erwähnt (vgl. Abs. 2, § 36 Abs. 1 Satz 3, § 38 Abs. 1, § 73 Satz 2). Auch bei anderen Leistungen, bei denen die Gewährung von Darlehen nicht ausdrücklich erwähnt ist, kommt eine Gewährung der Leistung durch Darlehen jedenfalls dann in Betracht, wenn es sich um eine Ermessensleistung handelt (vgl. BVerwG, Beschluss v. 12.4.1989, 5 B 176/88 m. w. N.). Das Darlehen ist zwar grundsätzlich ein Institut des Privatrechts (§§ 607 ff. BGB). Im Falle der Gewährung im Sozialhilferecht ist es jedoch nach allgemeiner Meinung (vgl. z. B. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 17.5.1988, 8 A 189/87) dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Bei Streitigkeiten insbesondere über die Rückzahlung des Darlehens sind die Sozialgerichte zuständig.
Rz. 5
Die Gewährung als solche kann durch Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 53 ff. SGB X) erfolgen. Die Art der Rückforderung richtet sich nach der Art der Darlehensgewährung. Das heißt, bei Gewährung durch Verwaltungsakt ist für die Rückforderung ein gerichtlich anfechtbarer Leistungsbescheid zu erteilen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 2.7.2012, L 20 SO 75/12 Rz. 35 m. w. N.). Im Übrigen kommt unmittelbar die Leistungsklage in Betracht. Die inhaltliche Gestaltung des Darlehens hat sich an den Umständen des Einzelfalles und den Grundsätzen des § 1 zu orientieren. Der Sozialhilfeträger muss bereits im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung entscheiden, ob er eine Leistung als Darlehen gewähren will oder nicht und dies dem Berechtigten deutlich machen. Allerdings ist umgekehrt die nachträgliche Umwandlung eines Darlehens in eine nicht zurückzuzahlende Beihilfe grundsätzlich möglich, z. B. wenn es sich nach Auffassung des Betroffenen nicht um einen Fall des § 37, sondern des § 27a Abs. 4 Satz 1 handelt. Eine solche Umwandlung kann auch auf dem Rechtsweg erstritten werden (vgl. BSG, Urteil v. 19.5.2009, B 8 SO 7/08 R Rz. 10), wobei insoweit auch der Antrag auf Erlass eines Grundurteils (analog § 130 Abs. 1 SGG) zulässig sein kann (BSG, Urteil v. 9.12.2016, B 8 SO 15/15 R Rz. 15 ff.).
Rz. 5a
Wird das Darlehen durch Verwaltungsakt bewilligt, ist es sofort und nicht erst mit Bestandskraft der Entscheidung fällig, was sich aus § 41 SGB I ergibt (vgl. dazu auch SG Braunschweig, Beschluss v. 19.9.2016, S 32 SO 136/16 ER Rz. 8 ff.). Zinsen können nicht gefordert werden, weil es keine gesetzliche Regelung gibt, die – sei es in direkter oder in analoger Anwendung – hierfür eine Rechtsgrundlage bieten würde (vgl. BSG, Urteil v. 27.5.2014, B 8 SO 1/13 R Rz. 15 ff.). Dies gilt insbesondere für § 44 SGB I.