0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 70 Abs. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) mit Wirkung zum 1.1.2005 in Kraft getreten.
In der BT-Drs. 15/1514 S. 55 heißt es zu dieser Vorschrift:
Zitat
Die Regelung verpflichtet den Träger der Sozialhilfe in Anlehnung an den bisherigen § 95 des Bundessozialhilfegesetzes in Verbindung mit § 81 des Achten Buches allgemein zur Zusammenarbeit mit anderen Stellen, wenn dies zur Aufgabenerfüllung geboten ist. Insbesondere soll die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, den anderen Rehabilitationsträgern, der Bundesanstalt für Arbeit und den Grundsicherungsämtern erreicht werden. Das bisherige Instrument der Arbeitsgemeinschaften bleibt bestehen. Entsprechend den datenschutzrechtlichen Erfordernissen wird durch den neuen Absatz 3 sichergestellt, dass in den Fällen, in denen im Rahmen der Zusammenarbeit eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten erfolgt, das Nähere in einer Vereinbarung zu regeln ist.
Abs. 1 wurde durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) mit Wirkung zum 1.7.2008 geändert. Durch Art. 2 Nr. 2 des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) vom 23.12.2016 wurden in Abs. 1 Satz 2 redaktionelle Änderungen vorgenommen und Abs. 1 Satz 3 angefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Hilfesuchende Menschen befinden sich häufig in Kontakten mit verschiedensten Institutionen, Behörden oder Organisationen. Jede dieser Stellen wird im Normalfall versuchen, der Rat und Hilfe suchenden Person nach besten Kräften bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen. Da diese unterschiedlichen Stellen erfahrungsgemäß aber nicht immer koordiniert zusammenarbeiten, kann eine effektive Hilfe für die betroffenen Personen(-Gruppen) nur bedingt funktionieren.
Um diesen Umstand weitestgehend zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit § 4 eine Vorschrift geschaffen, die die Zusammenarbeit der verschiedenen Stellen gewährleisten soll.
Die Träger der Sozialhilfe sind hier Adressaten der Norm. Einen von dritter Seite einklagbaren Rechtsanspruch schafft diese Regelung nicht (Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 4 Rz. 1; vgl. Schlegel/Voelzke, SGB XII, Juris–Praxiskommentar, 2. Aufl., § 4 Rz. 19). Ausführlich zu diversen Parallelvorschriften vgl. Schlegel/Voelzke, a. a. O., § 4 Rz. 3 ff.
2 Rechtspraxis
2.1 Verpflichtung für den Sozialhilfeträger
Rz. 3
Die vom Gesetzgeber in Abs. 1 an hervorgehobener Stelle positionierte Vorschrift stellt den besonders wichtigen Grundsatz der Zusammenarbeit heraus, zu dem die Sozialhilfeträger verpflichtet sind (Schellhorn, Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB – das neue SGB XII, NDV 2004 S. 168). Als weitere Leistungsträger, mit denen zusammengearbeitet werden soll, sind ausdrücklich die Träger nach dem SGB II, SGB VIII und SGB IX sowie die Servicestellen und Verbände benannt. Durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 wurde Abs. 1 der Regelung erweitert. Nunmehr sollen die Sozialhilfeträger mit den an den sog. Pflegestützpunkten beteiligten Stellen nach § 7c SGB XI kooperieren. Dabei wird vorgegeben, dass vor allem die Hilfe- und Unterstützungsangebote, die für eine wohnortnahe Versorgung und Betreuung wichtig sind, koordiniert werden (Dauber/Steimer, in: Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, SGB XII, Bd. 1, § 4 Rz. 1, 7a, 7b; Fichtner/Wenzel, SGB XII – Sozialhilfe mit AsylbLG, 4. Aufl. 2009, § 4 Rz. 1; Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, Kommentar, 18. Aufl. 2010, § 4 Rz. 7a).
Insoweit greift der Gesetzgeber mit dieser Regelung den allgemeinen Gedanken zur Zusammenarbeit auf, der sich bereits in § 86 SGB X findet und verstärkt ihn speziell für die Sozialhilfe noch einmal nachdrücklich (Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 4 Rz. 4; Schlegel/Voelzke, a. a. O., § 4 Rz. 9).
Auch wenn durch die Regelungen des SGB II und die Eingrenzung der Sozialhilfe nur noch auf solche Personengruppen, die nicht längerfristig als erwerbsfähig eingestuft sind, die Sozialhilfe nach dem SGB XII einen deutlich anderen Stellenwert als das frühere BSHG bekommen hat, so ist sie nach wie vor aber "das letzte Netz" im sozialen System der Bundesrepublik Deutschland.
Umso wichtiger ist die Vorgabe für die Sozialhilfeträger, dass gerade sie die zwingende Verpflichtung zu befolgen haben, mit dritten Stellen (nach dem SGB oder auch außerhalb des SGB tätigen Verbänden) zusammenarbeiten zu müssen. Die Vorschrift ist vor diesem Hintergrund auch als Muss-Vorschrift gefasst worden ("arbeiten … zusammen"). Die Sozialhilfeträger können sich dieser Verpflichtung nicht entziehen. Würden Sozialhilfeträger dieser Verpflichtung nicht folgen, dann wäre dies ein Fall, in dem die zuständige Rechtsaufsicht einschreiten müsste.
Es...