Rz. 6
Das Gesetz sieht als Hilfen zur Familienplanung folgende Leistungen vor: ärztliche Beratung und Untersuchung, Verordnung empfängnisregelnder Mittel (Satz 1) sowie die Übernahme von Kosten für empfängnisverhütende Mittel (Satz 2).
Der Leistungsumfang entspricht damit inhaltlich grundsätzlich dem in § 24a Abs. 1 SGB V (zu Unterschieden vgl. Rz. 8). Aus der unterschiedlichen Wortwahl in Satz 1 und Satz 2 ergibt sich, dass Mittel oder Maßnahmen zur Anbahnung einer Schwangerschaft zwar im Rahmen von § 49 verordnet werden können, die Übernahme der Kosten für solche Leistungen, die nicht in einer Beratung oder Untersuchung bestehen, kann aber nur nach anderen Vorschriften (z. B. § 48) erfolgen. Maßnahmen der künstlichen Befruchtung sind ebenfalls nicht von § 49 Satz 1 erfasst, weil diese auch im Bereich des SGB V nicht unter § 24a SGB V fallen, sondern als Sonderfall der Krankenbehandlung in § 27a SGB V geregelt sind (so auch Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 49 Rz. 6; Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, K § 49 Rz. 6 m. w. N.).
Die Leistungserbringung erfolgt im Rahmen von § 52; es gilt also insbesondere die beschränkte ärztliche Wahlfreiheit nach § 52 Abs. 2.
Rz. 7
Satz 1 umfasst nur die konkrete ärztliche Beratung, aber nicht die allgemeine Sexualaufklärung.
Rz. 8
Inhaltlich besteht im Wesentlichen Kongruenz zwischen § 24a SGB V und § 49 (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 20.7.2010, L 9 SO 39/08; nachgehend BSG, Urteil v. 15.11.2012, B 8 SO 6/11 R Rz. 15 ff.; Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 49 Rz. 1, 8 m. w. N.; Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, K § 49 Rz. 9 mit ausführlichen Nachweisen; und im Ergebnis auchSöhngen, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 49 Rz. 13; krit. Böttiger, Sozialrecht aktuell 2008 S. 203; a. A. SG Duisburg, Urteil v. 9.9.2008, S 7 SO 10/07). Hilfe zur Familienplanung und damit insbesondere ein Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln kommt daher regelmäßig nach Vollendung des 20. Lebensjahres nicht mehr in Betracht, sondern wie bei § 24a SGB V darüber hinaus nur, wenn eine zwingende anderweitige medizinische Indikation vorliegt (vgl. die Komm. zu § 24a). Nach der Rechtsauffassung des BSG (a. a. O. Rz. 18 m. w. N.) ergibt sich dies aus der Änderung des § 38 Abs. 1 Satz 1 BSHG (heute: § 52 Abs. 1 Satz 1) zum 1.1.2004, der sich entnehmen lasse, dass die Übernahme finanzieller Eigenleistungen durch den Sozialhilfeträger auf Grundlage der §§ 47 bis 51 ausgeschlossen sei. Für das Verständnis des BSG spricht auch der Umstand, dass § 52 Abs. 1 Satz 1 nicht mehr wie früher § 38 Abs. 1 Satz 1 BSHG einen ausdrücklichen Hinweis auf anderslautende Anordnungen enthält. Wünschenswert wäre allerdings gewesen, wenn der Gesetzgeber die beabsichtigte Leistungseinschränkung durch eine entsprechende Änderung des Gesetzeswortlautes deutlich gemacht hätte, wie dies z. B. im Rahmen von § 51 im Hinblick auf die entsprechende Einschränkung der Vorschriften des SGB V geschehen ist (vgl. die Komm. zu § 51). Wegen der Kongruenz zu § 24a SGB V ist die Versorgung mit Notfallkontrazeptiva jedoch auch von den Leistungen nach § 49 Satz 2 erfasst (vgl. Rz. 4).
Rz. 9
Die Versorgung mit einem bestimmten Verhütungsmittel kann sich jedenfalls (auch) als Maßnahme der Eingliederungshilfe i. S. v. §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. § 55 Abs. 1 SGB IX darstellen (Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch Ermöglichung eines selbstbestimmten Sexuallebens), wenn sie sich aus besonderen behinderungsspezifischen Gründen ergibt (SG Köln, Urteil v. 31.3.2010, S 21 SO 199/09; LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; BSG, a. a. O., Rz. 24; Flint, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 49 Rz. 10; zweifelnd Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, K § 49 Rz. 9). Da Kosten für Verhütungsmittel bei der Bemessung des Regelbedarfs eingepreist sind, können diese alleine eine abweichende Bemessung des Bedarfs nach § 27a Abs. 4 Satz 1 nicht rechtfertigen.
Rz. 10
Zur Problematik der Zuzahlungen vgl. die Kommentierung zu § 48 SGB V.