0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist als Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) am 1.1.2005 (Art. 70 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft getreten. Durch das Dritte Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) hat der Gesetzgeber in Nr. 4 mit Wirkung zum 1.1.2017 eine redaktionelle Änderung vorgenommen (dazu Rz. 11).
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift hat im Wesentlichen inhaltsgleich die Vorgängervorschrift des § 36b BSHG in das Recht des SGB XII übertragen. Eine Änderung erfolgte jedoch insoweit, als genauso wie im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (früher § 200b RVO) das Entbindungsgeld aus dem Leistungskatalog gestrichen wurde. Im Übrigen waren die Änderungen bei der Überführung der Regelung vom BSHG ins SGB XII nur redaktioneller Natur, d. h. es erfolgte lediglich eine Anpassung des Gesetzeswortlautes an den allgemeinen Sprachgebrauch des SGB (vgl. Komm. zu § 49).
Rz. 3
Auf die in § 50 genannten Leistungen besteht ein Anspruch. Die Leistungsgewährung ist nicht in das Ermessen des zuständigen Leistungsträgers gestellt.
Rz. 4
Nach Sinn und Zweck der Regelung sollen Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, im Rahmen von Schwangerschaft und Wochenbett die notwendigen Leistungen in Anlehnung an den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Als Auslegungshilfe können insoweit also insbesondere auch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB V herangezogen werden.
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungsberechtigte
Rz. 5
Die Leistungen können von allen Schwangeren und von Müttern nach der Entbindung unabhängig von ihrem Alter und Familienstand in Anspruch genommen werden, sofern sie grundsätzlich leistungsberechtigt i. S. d. SGB XII sind und keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung haben (vgl. zum Anspruchsberechtigten Personenkreis im Einzelnen die Komm. zu § 48; zu Abgrenzungen insbesondere zu den Begriffen Schwangerschaft und Entbindung vgl. Rz. 16 ff.).
2.2 Inhalt der Leistung
2.2.1 Allgemeines
Rz. 6
Die Leistungen sind im Wesentlichen an die Vorschriften in der gesetzlichen Krankenversicherung über Schwangerschaft und Mutterschaft (früher §§ 195 ff. RVO) angelehnt (zu Abweichungen vgl. Rz. 11 und 13), die inzwischen durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (BGBl. I S. 2246) mit Wirkung zum 30.10.2012 in das SGB V (§§ 24c bis 24i SGB V) überführt wurden. Die Regelungen der RVO waren zunächst nicht in das SGB V mit übernommen worden, weil die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nicht aufgrund einer Erkrankung i. S. d. gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Aus diesem Grunde sind auch die Leistungen nach § 50 grundsätzlich von den Leistungen zur Hilfe bei Krankheit (§ 48) zu unterscheiden (vgl. Rz. 16 ff.).
2.2.2 Ärztliche Leistungen und Hebammenhilfe (Nr. 1)
Rz. 7
Die Berechtigten haben einen umfassenden Anspruch auf ärztliche Behandlung und Betreuung im Sinne von § 24d SGB V. Ferner besteht ein Anspruch auf Hebammenhilfe. Die Einzelheiten über Art und Inhalt der Hebammenhilfe ergeben sich aus § 5 des Gesetzes über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG) sowie den Berufsordnungen der Länder für Hebammen und Entbindungspfleger, die in den jeweiligen Gesetz- und Verordnungsblättern veröffentlicht sind.
Im Übrigen gilt für die Leistungserbringung § 52; insbesondere das Wahlrecht nach § 52 Abs. 2.
2.2.3 Arznei-, Verband- und Heilmittel (Nr. 2)
Rz. 8
Ein Anspruch auf Arznei-, Verband- und Heilmittel besteht dann, wenn diese Mittel wegen Schwangerschaftsbeschwerden oder im Zusammenhang mit der Entbindung erforderlich sind. Diese Einschränkung ergibt sich aus § 24e Satz 2 HS 2 SGB V i. V. m. § 52 Abs. 1 Satz 1.
2.2.4 Stationäre Pflege (Nr. 3)
Rz. 9
Die Berechtigten haben ein Wahlrecht, ob sie zu Hause oder in einer Einrichtung (also insbesondere in Krankenhäusern) entbinden möchten. Für den Fall, dass eine stationäre Entbindung erfolgt, ergibt sich der Umfang des Leistungsanspruches aus § 24f SGB V (vgl. den dortigen Gesetzeswortlaut inklusive Kommentierung).
Rz. 10
Aufgrund einer entsprechenden Erweiterung des § 24f SGB V gegenüber § 197 RVO (vgl. dazu etwa noch BSG, Urteil v. 9.10.2001, B 1 KR 15/00, und Urteil v. 21.2.2006, B 1 KR 34/04 R) kommt nunmehr unproblematisch auch eine Entbindung in Geburtshäusern in Betracht (wie hier Pitz, in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 24f Rz. 9; Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, K 50 Rz. 12).
2.2.5 Häusliche Pflege (Nr. 4)
Rz. 10a
Die zum 1.1.2017 in Kraft getretene Gesetzesänderung (vgl. Rz. 1) war lediglich redaktioneller Natur (vgl. BT-Drs. 18/9518 S. 83). Durch das PSG III sind auch die Regelungen des Siebten Kapitels wesentlich umgestaltet worden. Die zuvor in § 65 Abs. 1 genannten Leistungen sind nunmehr in den §§ 64c und 64f geregelt, sodass der Verweis in Nr. 4 entsprechend anzupassen war.
Rz. 11
Im Falle der medizinischen Notwendigkeit haben die Berechtigten Anspruch auf häusliche Pflegeleistungen nach Maßgabe der §§ 64c und 64f. Dieser Anspruch...