Rz. 3
Ähnlich wie § 75 SGB XI regelt § 79, dass die Verbände der Leistungsträger und der Leistungserbringer auf überörtlicher Ebene Rahmenvereinbarungen zum Leistungserbringerrecht der Sozialhilfe schließen sollen. Ziel ist dabei ein landesweit einheitlichen Grundsätzen folgendes Vertragsrecht.
Rz. 4
Der Konfliktlösungsmechanismus ist bei § 80 indessen anders gestaltet als bei § 75 SGB XI. Während in § 77 Abs. 2 SGB XI verbindlich ein Schiedsverfahren vorgeschrieben ist, enthält § 80 Abs. 4 für den Fall, dass eine Vereinbarung nicht zustande kommt die Befugnis zum unmittelbaren ersatzweisen Erlass einer Rechtsverordnung, ohne dass ein vorgeschaltetes Schiedsverfahren vorgeschrieben wäre.
Rz. 5
Nach Abs. 1 Satz 1 werden die Rahmenverträge gemeinsam und einheitlich abgeschlossen. Der Vorschrift liegt also das Konsensprinzip zugrunde. Mit dem Begriff "einheitlich" wird klargestellt, dass auf Landesebene keine unterschiedlichen Landesrahmenverträge abgeschlossen werden können. Einheitlich bedeutet, dass jeder einzelne Beteiligte durch sein Veto den Vertragsschluss verhindern kann (wie hier: VG Hannover, Urteil v. 28.3.2006, 3 A 541/03; Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 2007, § 79 Rz. 6). Die Gegenauffassung, die es ausreichen lässt, dass die Mehrheit der zu beteiligenden Vertragspartner (vgl. dazu Rz. 7) dem Vertrag zustimmt, vermag dem Begriff "gemeinsam" keine hinreichend abgrenzbaren Konturen zu geben. Zudem entsteht für den Fall, dass eine gemeinsame Vereinbarung nicht zustande kommt, kein "Vertragsnotstand", weil dann der Regelungsmechanismus des § 80 Abs. 4 eingreift.
Rz. 6
Vertragspartner sind danach zum einen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die kommunalen Spitzenverbände. Wer dies jeweils ist, richtet sich nach Landesrecht. Am Vertragsschluss beteiligt sind zum anderen die Vereinigungen der Träger der Einrichtungen auf Landesebene. Dazu gehören die in der Landesliga der Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege und die auf Landesebene gebildeten Vereinigungen privatgewerblicher Einrichtungen (Münder, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 79 Rz. 4;).
Rz. 7
Für Einrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört (Abs. 1 Satz 3). Damit soll dem besseren Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften bzw. einem vergleichbaren Selbstverständnis freigemeinnütziger Träger in der Liga der freien Wohlfahrtspflege Rechnung getragen werden.
Rz. 8
Anders als § 75 Abs. 1 SGB XI (und auch in § 112 Abs. 2 Satz 2 SGB V) fehlt in § 80 die Anordnung der unmittelbaren Verbindlichkeit der Rahmenvereinbarungen für die örtlichen Leistungsträger (dort: Pflegekassen) und die Träger der Leistungseinrichtungen. Es ist daher unzutreffend, die Rahmenverträge als Normsetzungsverträge zu bezeichnen (Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 2007, § 79 Rz. 12; Schoenfeld, in: Grube/Wahrendorf, 2. Aufl. 2008, § 79 Rz. 6 m. w. N., a. A. Rabe, in: Fichtner/Wenzel, 4. Aufl. 2009, § 79 Rz. 1). Bedenkt man, dass § 80 Abs. 5 die Möglichkeit einer Rechtsverordnung vorsieht, die unmittelbare normative Wirkung für und gegen alle Leistungserbringer entfalten würde, ist das Fehlen einer solchen Anordnung allerdings systematisch nicht nachvollziehbar. Die Wirkung der Landesrahmenverträge entfaltet sich daher wie folgt (vgl. dazu Münder, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 79 Rz. 12; Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, 17. Aufl. 2006, § 79 Rz. 5; Schoenfeld, in: Grube/Wahrendorf, 2. Aufl. 2008, § 79 Rz. 6): Unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit besteht zwischen den vertragschließenden Parteien. Eine Bindung der einzelnen Einrichtung erfolgt nur über entsprechende Regelungen in den Satzungen der Vereinigungen der Einrichtungsträger oder aufgrund von Ermächtigungen im Einzelfall ergeben. Da der Gesetzgeber in § 112 Abs. 2 Satz 2 SGB V, § 75 Abs. 1 SGB XI abweichende Regelungen getroffen, im Rahmen von § 79 jedoch darauf verzichtet hat, kann den Rahmenvereinbarungen nach § 80 keine Drittwirkung für und gegen solche Leistungserbringer beigemessen werden, die nicht Mitglied einer Vereinigung sind. Im Übrigen können den Landesrahmenverträgen Aussagen zur Auslegung der vom Gesetzgeber verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe entnommen werden, die ggf. von den Entscheidungsträgern als Entscheidungshilfen herangezogen werden können.
Rz. 9
Zulässig ist es, in einer Pflegesatzvereinbarung nach §§ 75, 76 die Geltung des jeweiligen Rahmenvertrages zu vereinbaren. Dabei handelt es sich um eine dynamische Verweisung, die unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, nachdem der wesentliche Mindestinhalt der Rahmenvereinbarungen durch Abs. 1 Satz 1 näher vorgegeben ist.
Rz. 10
Bei den Rahmenvereinbarungen handelt es sich um öffentl...