0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift tritt als Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) am 1.1.2005 (Art. 70 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft.

Durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 2.12.2006 (BGBl. I S. 2670) ist Abs. 1 mit Wirkung zum 7.12.2006 dahingehend geändert worden, dass die Schiedsstelle nunmehr nicht "bei der zuständigen Landesbehörde" zu bilden ist.

Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung zum 1.1.2020 neu gefasst worden. Sie enthält nunmehr die bisher in § 79 enthaltenen Regelungen zu den Rahmenverträgen.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

In Anlehnung an den bisherigen § 93d BSHG regelt § 80 den Abschluss von Rahmenverträgen neu. Abs. 1 betrifft den Abschluss von Rahmenverträgen zwischen den Trägern der Sozialhilfe und den Kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene mit den Vereinigungen der Träger der Einrichtungen über die näher genannten Gegenstände (vgl. BR-Drs. 559/03 S. 204). Der bis zum 31.12.2019 geltende § 79 Abs. 2 Nr. 4 wird durch die zum 1.1.2020 erfolgte Neufassung insoweit angepasst, als die Prüfungsvereinbarung künftig durch ein gesetzliches Prüfungsrecht des Leistungsträgers ersetzt wird (Abs. 1 Satz 2 Nr. 4). Darüber hinaus sind gemäß des neuen Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 in den Rahmenverträgen künftig auch die Grundsätze des Verfahrens zum Abschluss von Vereinbarungen zu regeln. Durch den neu eingefügten Abs. 2 soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9522 S. 344) die Position der Leistungsberechtigten gestärkt werden, indem die durch Landesrecht bestimmten maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung und Beschlussfassung der Rahmenverträge mitwirken.

2 Rechtspraxis

2.1 Abschluss und Verbindlichkeit der Rahmenvereinbarungen (Abs. 1)

 

Rz. 3

Ähnlich wie § 75 SGB XI regelt § 79, dass die Verbände der Leistungsträger und der Leistungserbringer auf überörtlicher Ebene Rahmenvereinbarungen zum Leistungserbringerrecht der Sozialhilfe schließen sollen. Ziel ist dabei ein landesweit einheitlichen Grundsätzen folgendes Vertragsrecht.

 

Rz. 4

Der Konfliktlösungsmechanismus ist bei § 80 indessen anders gestaltet als bei § 75 SGB XI. Während in § 77 Abs. 2 SGB XI verbindlich ein Schiedsverfahren vorgeschrieben ist, enthält § 80 Abs. 4 für den Fall, dass eine Vereinbarung nicht zustande kommt die Befugnis zum unmittelbaren ersatzweisen Erlass einer Rechtsverordnung, ohne dass ein vorgeschaltetes Schiedsverfahren vorgeschrieben wäre.

 

Rz. 5

Nach Abs. 1 Satz 1 werden die Rahmenverträge gemeinsam und einheitlich abgeschlossen. Der Vorschrift liegt also das Konsensprinzip zugrunde. Mit dem Begriff "einheitlich" wird klargestellt, dass auf Landesebene keine unterschiedlichen Landesrahmenverträge abgeschlossen werden können. Einheitlich bedeutet, dass jeder einzelne Beteiligte durch sein Veto den Vertragsschluss verhindern kann (wie hier: VG Hannover, Urteil v. 28.3.2006, 3 A 541/03; Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 2007, § 79 Rz. 6). Die Gegenauffassung, die es ausreichen lässt, dass die Mehrheit der zu beteiligenden Vertragspartner (vgl. dazu Rz. 7) dem Vertrag zustimmt, vermag dem Begriff "gemeinsam" keine hinreichend abgrenzbaren Konturen zu geben. Zudem entsteht für den Fall, dass eine gemeinsame Vereinbarung nicht zustande kommt, kein "Vertragsnotstand", weil dann der Regelungsmechanismus des § 80 Abs. 4 eingreift.

 

Rz. 6

Vertragspartner sind danach zum einen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die kommunalen Spitzenverbände. Wer dies jeweils ist, richtet sich nach Landesrecht. Am Vertragsschluss beteiligt sind zum anderen die Vereinigungen der Träger der Einrichtungen auf Landesebene. Dazu gehören die in der Landesliga der Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege und die auf Landesebene gebildeten Vereinigungen privatgewerblicher Einrichtungen (Münder, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 79 Rz. 4;).

 

Rz. 7

Für Einrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört (Abs. 1 Satz 3). Damit soll dem besseren Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften bzw. einem vergleichbaren Selbstverständnis freigemeinnütziger Träger in der Liga der freien Wohlfahrtspflege Rechnung getragen werden.

 

Rz. 8

Anders als § 75 Abs. 1 SGB XI (und auch in § 112 Abs. 2 Satz 2 SGB V) fehlt in § 80 die Anordnung der unmittelbaren Verbindlichkeit der Rahmenvereinbarungen für die örtlichen Leistungsträger (dort: Pflegekassen) und die Träger der Leistungseinrichtungen. Es ist daher unzutreffend, die Rahmenverträge als Normsetzungsverträge zu bezeichnen (Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 2007, § 79 Rz. 12; Schoenfeld, in: Grube/Wahrendo...

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