Rz. 8

Der Einkommensgrenze nach § 85 gegenüberzustellen ist das bereinigte Einkommen, das dem Verpflichteten tatsächlich zur Verfügung steht und nach §§ 82 bis 84 bestimmt wird (BSG, Urteile v. 28.2.2013, B 8 SO 1/12 R, und v. 4.4.2019, B 8 SO 10/18 R; Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 15); für die dem SGB II unterliegenden Personen bestimmt sich das Einkommen nach § 11 ff. SGB II (vgl. Giere, a. a. O., Rz. 14). Bei der Ermittlung der Einkommensgrenze kann nur das Einkommen berücksichtigt werden, das nicht normativ anerkannt für andere Zwecke genutzt werden darf, also das bereinigte Einkommen. Das Einkommen ist um die Absetzbeträge nach § 82 Abs. 2 zu mindern (BSG, Urteil v. 4.4.2019, B 8 SO 10/18 R). Reine Einkommensfreibeträge, wie die in § 82 Abs. 3 SGB XII bzw. § 11 Abs. 3 SGB II werden im Rahmen des § 85 von der Bereinigung allerdings nicht erfasst (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2013, B 8 SO 8/12 R). Nach der Gesetzesbegründung soll das Einkommen eines behinderten oder pflegebedürftigen Partners in Höhe des Freilassungsbetrages des Abs. 6 (vormals Abs. 3a) bei der Berechnung der Einkommensgrenze außer Betracht bleiben (vgl. BT-Drs. 18/9522 S. 330). Auch im Rahmen des § 85 ist Kindergeld bei demjenigen als Einkommen anzurechnen, dem es zufließt (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2013, B 8 SO 8/12 R).

2.1 Monatliches Einkommen und Dauer des Bedarfs (Abs. 1 und 2)

 

Rz. 9

Bei der Ermittlung des Einkommens gilt, wie sich dem Wortlaut des § 85 Abs. 1 entnehmen lässt ("monatliches Einkommen"), das Monatsprinzip. Zu berücksichtigen ist das erzielte Einkommen im Bedarfsmonat. Bedarfsmonat ist der Monat, in dem der Bedarf zu decken ist, also eine gegenüber dem Leistungsberechtigten bestehende Forderung fällig wird (Fälligkeitsmonat). Werden Forderungen in unterschiedlichen Monaten fällig, hat eine Gegenüberstellung der Monatseinkommen und der jeweils fällig werdenden (Teil-)Forderungen für alle Bedarfsmonate einzeln zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil v. 4.4.2019, B 8 SO 10/18 R m. w. N.; Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 14; Kiss, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 85 Rz. 14).

2.2 Zumutbarkeitsgrenze (Abs. 1)

 

Rz. 10

Die Zumutbarkeitsgrenze setzt sich aus dem Grundbetrag, den Kosten der Unterkunft und dem Familienzuschlag zusammen.

2.2.1 Grundbetrag (Abs. 1 Nr. 1)

 

Rz. 11

Der Grundbetrag beträgt das Zweifache der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Da nach § 29 Abs. 2 bis 4 länderspezifische Regelbedarfsstufen möglich sind, bestimmt sich die maßgebende Regelbedarfsstufe 1 nach dem Ort, an dem der Leistungsberechtigte die Leistung erhält (Abs. 3 Satz 1). Bei der Leistung in einer Einrichtung sowie bei Unterbringung in einer anderen Familie oder bei den in § 107 genannten anderen Personen richtet sich die Höhe der Regelbedarfsstufe 1 nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten bzw. seiner Eltern (Abs. 3 Satz 2). Nach § 86 können die Länder und, soweit nicht landesrechtliche Vorschriften entgegenstehen, auch die Träger der Sozialhilfe für bestimmte Arten der Hilfe in besonderen Lebenslagen einen höheren Grundbetrag zugrunde legen.

2.2.2 Kosten der Unterkunft (Abs. 1 Nr. 2)

 

Rz. 12

Zu den Kosten der Unterkunft gehören alle Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen sind. Der diese angemessenen Kosten übersteigende Betrag kann als besondere Belastung nach § 87 berücksichtigt werden (vgl. Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 11). Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. § 35 Abs. 2 bietet zumindest in einer Hinsicht eine Orientierung: Ist eine Wohnung angemessen i. S. d. § 35 Abs. 2, gilt dies erst recht für § 85 (vgl. Kirchhoff, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 85 Rz. 36; vgl. zu den angemessenen Kosten der Unterkunft daher ausführlich die Kommentierung zu § 35). Unterkunft sind alle Räume, die vor der Witterung schützen und Privatheit gewährleisten (zum SGB II: BSG, Urteil v. 17.6.2010, B 14 AS 79/09 R). Hierzu gehören beispielsweise Miet- und Eigentumswohnungen, Eigenheime, Hotel- und Pensionszimmer, Not- oder Obdachlosenunterkünfte, Wohnwagen und -mobile, Schiffe, Schrebergartenlauben usw. Die Unterkunft muss tatsächlich privat (nicht gewerblich) genutzt werden.

 

Rz. 13

Bewohnt der Leistungsberechtigte eine Mietwohnung, so zählen zu den Aufwendungen für die Unterkunft der vereinbarte Mietzins und die Nebenkosten nach § 2 Betriebskostenverordnung, die vom Vermieter auf die Mieter umgelegt werden können. Nicht zu den Nebenkosten gehören die Aufwendungen für die Haushaltsenergie, weil dieser Bedarf bereits in der Regelleistung enthalten ist. Ob als angemessene Aufwendungen für die Unterkunft i. S. d. § 85 auch Heizkosten enthalten sind, hatte das BSG in dem Verfahren B 8 SO 1/19 R aufgrund der für den 30.4.2020 angesetzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Über das Ergebnis des Revisionsverfahrens berichtet das BSG (erst) nach Zustellung des Urteils an die Beteiligten. Das BSG hatte in seinem Urteil v. 25.4.2013 (B 8 SO 8/12 R) hervorgehoben, dass kein Grund ersichtlich sei, warum Gelder für angemessene Heizkosten, die normativ und auc...

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