Rz. 7

In typischen Fällen "soll" (intendiertes Ermessen) nach dieser Norm die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang verlangt werden, wenn der Leistungsberechtigte voraussichtlich längere Zeit in einer stationären Einrichtung gepflegt werden muss. Die Vorschrift erfasst insbesondere Personen, die eine Dauerpflege in Alten- und Pflegeheimen benötigen. Ihr Einkommen soll ohne Rücksicht auf die Einkommensgrenze in angemessenem Umfang herangezogen werden. Mit der Formulierung "darüber hinaus" stellt der Gesetzgeber klar, dass Satz 2 neben Satz 1 anwendbar ist.

2.3.1 Pflege in einer stationären Einrichtung

 

Rz. 8

Die Vorschrift erfasst jede (vollständige) Betreuung in einer stationären Einrichtung, vor allem also Alten- und Pflegeheime, aber auch Krankenhäuser oder Behindertenheime (zum BSHG: BVerwG, Urteil v. 25.11.1982, 5 C 13/82; Lippert, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 88 Rz. 23). Leistungen in teilstationären Einrichtungen werden dagegen nicht erfasst (Lippert, a. a. O.).

2.3.2 Dauerpflege

 

Rz. 9

Die Pflege muss voraussichtlich für längere Zeit erforderlich sein. Maßgeblich für die Prognose ist der Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung. Eine Dauerpflege liegt jedenfalls vor, wenn sie mehr als 6 Monate dauern wird (Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 88 Rz. 19; Lippert, in: Mergler/Zink, SGB XII, 88 Rz. 22; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 88 Rz. 15; offen gelassen: BSG, Urteil v. 23.8.2013, B 8 SO 17/12 R).

2.3.3 Heranziehung in angemessenem Umfang

 

Rz. 10

Bei dem Tatbestandsmerkmal "in angemessenem Umfang" handelt es sich um einen gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum (BSG, Urteil v. 23.8.2013, B 8 SO 17/12 R; Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 88 Rz. 17; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 88 Rz. 16; zum BSHG: BVerwG, Urteile v. 6.4.1995, 5 C 5/93, und v. 26.10.1989, 5 C 30/86; OVG Lüneburg, Urteil v. 28.4.1971, IV A 46/70). Diesen verwendet der Gesetzgeber wortgleich in § 87 Abs. 1 Satz 1. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind daher auch die in § 87 Abs. 1 Satz 2 beispielhaft genannten Angemessenheitskriterien heranzuziehen: Die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der nachfragenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen sind zu berücksichtigen (vgl. Komm. zu § 87 Rz. 5 ff.; Giere, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 88 Rz. 16; Lippert, in Mergler/Zink, SGB XII, § 88 Rz. 25; Lücking, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 88 Rz. 15).

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