Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. stationäre Unterbringung eines Ehegatten. häusliche Ersparnis. Kostenbeitrag nur bei Unterbringung beider Ehegatten. Rechtsanwendung. Ermessen
Orientierungssatz
1. Die Vorschrift des § 82 Abs 4 SGB 12 aF ist für Ehegatten nur dann anwendbar, wenn beide Eheleute sich auf Dauer in einer stationären Einrichtung befinden.
2. Auch im Fall des § 88 Abs 1 Nr 3 SGB 12 aF ist ein Einkommenseinsatz für Ehegatten, die nicht beide stationär oder teilstationär untergebracht sind, nicht gerechtfertigt.
3. Die Regelung des § 87 Abs 1 S 3 SGB 12 ist auf den Bezug aller Leistungen der Pflege für Schwerstpflegebedürftige bzw Blinde nach § 64 Abs 3 SGB 12 bzw § 72 Abs 2 SGB 12 anzuwenden, auch für die der teil- bzw vollstationären Pflege.
4. Weicht der Sozialhilfeträger von den sonst regelmäßig befolgten Sozialhilferichtlinien ab, obwohl diese sich im Rahmen des Gesetzes gehalten haben und diese nicht zu rechtswidrigen Ergebnissen geführt haben, und ist ein Abweichen nicht durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt, so liegt darin bereits eine Verletzung subjektiven Rechts.
5. Der pauschale Hinweis auf die Verwendung von Handlungsempfehlungen (hier: Landesamt für Soziales und Familie) für die Ermittlung des Kostenbeitrags ersetzt nicht eine eigenständige Ermessensprüfung.
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Berechnung des Eigenanteils der Klägerin an Heimkosten unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts neu zu bescheiden.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin
Tatbestand
Die 1940 geborene Klägerin liegt seit 2002 im Wachkoma und wird im Senioren- und Pflegeheim in M. gepflegt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung beurteilt sie als erheblich pflegebedürftig (Pflegestufe III). Die Klägerin bezieht eine Rente in Höhe von 624,99 €. Der 1941 geborene Ehegatte der Klägerin bezieht eine Rente in Höhe von 1.156,87 € und wohnt in einer 2-Zimmer-Wohnung mit 45,5 qm Wohnfläche. Die Kaltmiete beträgt 122,13 €, für Heizung- und Warmwasser sind 77,35 € angefallen. Sonstige Betriebskosten wurden mit 48,85 € angegeben. Die Warmmiete betrug 248,33 €.
Nachdem das einsetzbare Vermögen aufgebraucht war, wurde der Klägerin mit Bescheid vom 03.03.2004 ab dem 01.07.2003 bis auf weiteres Hilfe zur Pflege bewilligt. Es wurde ein Betrag in Höhe von 527,55 € als einzusetzendes Einkommen festgesetzt. Mit Bescheid vom 22.11.2004 wurde der Klägerin weiterhin Hilfe zur Pflege bewilligt und der Betrag des einzusetzenden Einkommens auf 426,- € für die Zeit ab Juli 2003 festgesetzt. Mit Änderungsbescheid des Beklagten vom 11.05.2005 wurde das einzusetzende Einkommen auf insgesamt auf 1.015,97 € festgesetzt. Mit Bescheid vom 29.06.2005 wurde der Klägerin weiterhin Hilfe zur Pflege bewilligt und der Gesamteigenanteil der Klägerin auf 826,08 € festgesetzt. Mit Abhilfebescheid vom 15.11.2005 wurde der Bescheid vom 29.06.2005 aufgehoben.
Mit Bescheid vom 22.11.2005 wurde der Klägerin ab dem 01.01.2005 bis 30.04.2005 und vom 01.05.2005 bis 30.06.2005 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Höhe von monatlich 117,23 € und Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen in Höhe von 1.822,31 € monatlich gewährt. Der Eigenanteil wurde auf 814,66 € festgesetzt.
Mit Bescheid vom 22.11.2005 wurde der Klägerin ab dem 01.07.2005 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Höhe von monatlich 120,26 € und Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen in Höhe monatlich 1.828,46 € gewährt. Der Eigenanteil wurde auf 805,48 € festgesetzt. Die Berechnung wurde wie folgt vorgenommen:
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"Anlage zum Bescheid vom 22.11.2005 |
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Ermittlung des Eigenanteils des Hilfesuchenden und der in § 19 SGB XII genannten Personen bei Hilfen nach dem Dritten und Sechsten bzw. Siebten Kapitel |
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Name des HS: K., K. |
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1. Zusammenstellung des Einkommens: |
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Monatliches bereinigtes Einkommen (§ 82 SGB XII) des HS; |
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hier: 624,69 € abzgl. Kontoführungsgebühren mtl. 1,50 € |
623,19 € |
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Monatliches bereinigtes Einkommen seines nicht getrennt lebenden Ehegatten (§82 SGB XII); hier: 1.156,87 € abzgl. |
1.141,36 € |
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Hausratversicherung mtl. 15,51 € |
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abzüglich des bei einem weiteren Bedarf ggf. bereits eingesetzten Einkommens (§ 89 Abs. 1 SGB XII) |
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maßgebendes Einkommen |
1.764,55 |
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1.1 Ermittlung des Garantiebetrages des Ehegatten |
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Eckregelsatz |
331,00 € |
Kosten der Unterkunft |
206,86 |
Garantiebetrag |
537,86 |
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2. Kostenbeitrag für Leistungen nach dem Dritten Kapitel - Ermittlung der Häuslichen Ersparnis - gem. § 82 Abs. 4 SGB Xll |
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2-1 § 82 Abs. 4 S. 1 SGB Xll |
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2.1.1 Ermittlung des gemeinsamen Bedarfs an HLU außerhalb der Einrichtung |
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Garantiebetrag des Ehegatten |
537,86 € |
Regelsatz Haushaltsangehöriger |
265,00 € |
Mehrbedarf gem. § 30 SGB XII |
45.05 |
Bedarf an HLU außerhalb der Einrichtung |
847,91 € |
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2.1.2 Ermittlung der Häuslichen Ersparnis |
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Bedarf an HLU außerhalb der Einrichtung |
847,9... |