Rz. 2

Diese Vorschrift konkretisiert das Individualisierungs- und das Bedarfsdeckungsprinzip, welches ursprünglich im BSHG in § 3 geregelt war. Dabei geht das Individualisierungsprinzip von dem Rechtsgedanken aus, dass die ganz persönliche Situation des Einzelnen bei der Art der Hilfegewährung von besonderer Bedeutung ist.

Der Grundsatz der Individualisierung ist neben dem Nachranggrundsatz (§ 2 SGB XII) ein weiterer wichtiger Grundsatz der Sozialhilfe (Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe, Kommentar, 4. Aufl. 2012, § 9 Rz. 1). Als im ersten Abschnitt des zweiten Kapitels verortete Vorschrift gelten § 9 und die dort niedergelegten Grundsätze der Leistungen für alle Leistungsbereiche.

Bei § 9 handelt es sich um eine Spezialregelung gegenüber dem für das gesamte Sozialrecht geltenden Grundsatz in § 33 SGB I. Die Regelung des § 9 geht im Zweifelsfall nach § 37 SGB I vor, der Grundsatz der Individualisierung wird dort eingeschränkt, wo im Gesetz z. B. feste Beträge oder Mehrbedarfszuschläge festgesetzt sind (vgl. Fichtner, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII – Sozialhilfe mit AsylbLG, Kommentar, 4. Aufl. 2009, § 9 Rz. 2).

In der Sozialhilfe ist insoweit immer auch die aktuelle, momentane Bedarfslage des Hilfesuchenden, der nachfragt, Ausgangspunkt für den möglichen Leistungsumfang (Roscher, in: Sozialgesetzbuch XII, Lehr- und Praxiskommentar, 9. Aufl. 2012, § 9 Rz. 2).

Der Bedarfsdeckungsgrundsatz wird vom Individualisierungsgrundsatz konkretisiert. Der Blick wird vom Allgemeinen auf die Besonderheit des Einzelfalles gelenkt (Wahrendorf, a. a. O., § 9 Rz. 4).

Zwischen dem Individualisierungs- und dem Bedarfsdeckungsgrundsatz besteht ein Spannungsverhältnis (Fichtner, a. a. O., § 9 Rz. 3), was daran deutlich wird, dass die Bedarfsdeckung durch die Regelsatz- bzw. Regelbedarfsstufensystematik letztlich auf pauschale Art und Weise "gelöst" wird. Nach dem Bedarfsdeckungsgrundsatz ist der sozialhilferechtliche Bedarf zu decken, nicht mehr und nicht weniger. Das Individualisierungsprinzip wird also normativ durch den sozialhilferechtlich anerkannten Bedarf relativiert (vgl. Roscher, a. a. O., § 9 Rz. 4).

Mit dem Individualisierungsgrundsatz korrespondiert logischerweise das Wunschrecht, welches auch das Individuum in den Vordergrund rückt.

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