Rz. 4
Abs. 1 regelt den Einkommenseinsatz bei Leistungen sowohl in stationären als auch in teilstationären Einrichtungen.
Unter einer Einrichtung wird ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft verstanden, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (BSG, Urteil v. 13.2.2014, B 8 SO 11/12 R, Rz. 19). In Abgrenzung zu einer ambulanten Leistung erforderte eine teil- bzw. vollstationäre Unterbringung einen Teil- oder Vollaufenthalt des Leistungsberechtigten und die geeignete sozialhilferechtliche Betreuung. Teilstationär sind solche Einrichtungen, in denen die Leistungsempfänger nicht rund um die Uhr, sondern stundenweise betreut werden (z. B. Tages- oder Nachtkliniken, Sonderkindergärten, Tagesförderungsstätten oder Werkstätten für behinderte Menschen). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles, wobei es im Kern darauf ankommt, ob die Einrichtung die Gesamtverantwortung für die Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt, die bei teilstationären Leistungen temporär auf den Aufenthalt in der Einrichtung beschränkt ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 15.5.2013, L 20 SO 67/08, Rz. 48; vgl. zum Einrichtungsbegriff auch Holthaus, § 13 Rz. 5).
Rz. 5
Die Höhe der ersparten Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt ist anhand der tatsächlichen Umstände zu ermitteln. Die Ersparnisse müssen tatsächlich und nicht nur fiktiv entstanden sein. Die Ersparnis bemisst sich nach den Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte hätte, wenn er sich nicht in der Einrichtung, sondern im häuslichen Bereich aufhalten würde. Es bedarf mithin einer Prognose darüber, welche Aufwendungen anfallen würden, wenn der Leistungsberechtigte nicht in einer Einrichtung untergebracht gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil v. 23.8.2013, a. a. O., Rz. 25). Eine solche Prognose ist auch dann erforderlich, wenn kein Haushalt im eigentlichen Sinne vorliegt (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 24; Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Anhang zu § 13 SGB XII, Rz. 3). Die Obergrenze des Einkommenseinsatzes für eingesparte Aufwendungen für den Lebensunterhalt bildet der durch der sich aus § 27b Abs. 1 Satz 2 ergebende Rechenposten. Gemäß § 27b Abs. 1 Satz 2 entspricht der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Nr. 1, 2 und 4, also der Regelsatz, die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung. Bei Leistungen in einer stationären Einrichtung sind als Kosten für die Unterkunft und Heizung Beträge in Höhe der durchschnittlich angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Warmmiete eines Einpersonenhaushaltes im Bereich des nach § 98 zuständigen Trägers der Sozialhilfe zugrunde zu legen (vgl. Bay LSG, Urteil v. 24.9.2014, a. a. O., Rz. 32). Die Ersparnis hängt wesentlich davon ab, ob der Leistungsberechtigte in einer voll- oder teilstationären Einrichtung untergebracht ist; denn bei teilstationärer Unterbringung werden regelmäßig nur die häuslichen Mahlzeiten erspart (BVerwG, Urteil v. 19.3.1992, 5 C 20/87, Buchholz 436.0, § 85 BSHG Nr. 10 = NVwZ-RR 1993 S. 37 f.; OVG Berlin, Urteil v. 15.10.1981, 6 B 27.80, NJW 1982 S. 954). Lebt der Leistungsberechtigte die Woche über in einer vollstationären Einrichtung und hält er sich an den Wochenenden in seiner häuslicher Umgebung auf, so wirkt sich dies ebenfalls ersparnismindernd aus (BVerwG, Urteil v. 24.8.1972, V C 49.72, Buchholz 436.0, § 43 Nr. 2 = NDV 1973 S. 81). In diesem Fall spart er nämlich keine Unterkunftskosten, sondern lediglich die Kosten für Ernährung und Körperpflege (vgl. Schoch, in: LPK-SGB XII, § 92a Rz. 8). Außerdem ist zu berücksichtigen ("soweit"), dass häusliche Ersparnisse durch besondere Aufwendungen für die voll- oder teilstationäre Unterbringung wieder aufgezehrt werden können. Der Sozialhilfeträger hat dabei eine individuelle Schätzung der ersparten Aufwendungen vorzunehmen und kann den Kostenbeitrag nicht, wie es in der bisherigen Praxis häufig geschieht, ausgehend vom Einkommen des Einsatzpflichtigen und einem sog Garantiebetrag auf eine abstrakt-generelle Berechnung beschränken (vgl. BSG, Urteil v. 20.4.2016, B 8 SO 25/14 R, Rz. 26). Das Gericht kann die ersparten Aufwendungen anhand der tatsächlichen Ersparnisse gemäß § 202 SGG i. V. m. § 287 ZPO prognostisch schätzen (vgl. BSG, Urteil v. 20.4.2016, B 8 SO 25/14 R, Rz. 25).
Rz. 6
Entgegen dem Wortlaut ("kann") räumt Abs. 1 dem Sozialhilfeträger kein Ermessen ein. Die Formulierung "kann" wird als "auf darf nur" verstanden (BSG, Urteil v. 23.8.2013, a. a. O., Rz. 24; Behrend, in: jurisPK-SGB XII, § 92a Rz. 20; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 92a Rz. 10; a. A. Hohm, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, § 92a Rz. 14; Lippert, in: Mergler/...