Rz. 6a

Aus der Festlegung des Abs. 3, wonach die Sozialhilfe von örtlichen und überörtlichen Trägern geleistet wird, folgt zugleich, dass es neben den örtlichen auch überörtliche Träger der Sozialhilfe geben muss, denn ein kraft Gesetzes zur Leistung verpflichteter Träger muss vorhanden sein, um leisten zu können (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 3; Schmeller, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 97 Rz. 7). Der somit neben dem örtlichen Träger vom Gesetz als normativ gleichrangig angesehene überörtliche Träger muss nicht nur vorhanden sein, darüber hinaus muss er zwingend mit einem Aufgabenbestand versehen sein, wenn er – wie im übrigen auch von § 3 vorausgesetzt wird – als Leistungsträger fungieren, also selbst individuelle Leistungen im Einzelfall zu erbringen in der Lage sein soll. § 97 Abs. 5 bestätigt diesen Befund ebenso wie § 28 Abs. 1 SGB I.

 

Rz. 6b

Aus dem Gesagten folgt weiter, dass der überörtliche Träger weder organisatorisch noch rechtlich mit einem örtlichen Träger (oder deren mehrere) identisch sein kann (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 3). Eine entgegenstehende landesrechtliche Regelung verstieße gegen zwingendes Bundesrecht, sie wäre nichtig und damit unbeachtlich (Art. 31 GG). Die Länder haben die für die Erbringung von Sozialhilfeleistungen notwendigen Vorkehrungen zu treffen, insbesondere örtliche und überörtliche Träger zu bestimmen oder neu zu schaffen (Art. 83 ff. GG).

 

Rz. 7

Die Frage nach dem im Einzelfall örtlichen oder überörtlichen leistungspflichtigen Sozialhilfeträger geht in zwei Richtungen:

Zunächst ist die sachliche Zuständigkeit zu klären, die immer entweder einem örtlichen oder einem überörtlichen Träger der Sozialhilfe zugeordnet ist (§ 3), denn nach § 3 Abs. 1 wird die Sozialhilfe von örtlichen (im räumlich-topographischen Sinn ortsbezogenen bzw. ortsnahen) Trägern und von überörtlichen (regionalen, über ein größeres Gebiet sich erstreckenden und daher eher ortsfernen) Trägern der Sozialhilfe geleistet (Hohm, in: Schellhorn e.a., SGB XII, § 97 Rz. 4). Dabei bestimmt § 97 Abs. 1 eine Allzuständigkeit des örtlichen Trägers für "die Sozialhilfe", lediglich für ausdrücklich zugewiesene besonders genannte Leistungen ist der überörtliche Träger zuständig (Deckers, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 97 Rz. 10). Die Zuweisung zum überörtlichen Träger begründet sich daraus, dass es sich im Allgemeinen um kostenintensive, spezielle oder nur vereinzelt auftretende Leistungen handelt, die eines entsprechend personell, sachlich und finanziell ausgestatteten Trägers bedürfen (vgl. Rz. 11; Deckers, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 97 Rz. 10, § 3 Rz. 4; Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 10; abschwächend: Gottschick/Giese, BSHG, 9. Aufl. 1985, § 100 Rz. 1). Derartige Leistungen gehen hinsichtlich der Finanzierungslast im Allgemeinen über die übliche Daseinsvorsorge als typisch kommunaler Aufgabe hinaus (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 6).

 

Rz. 8

Steht fest, welche Trägerart (örtlich/überörtlich) für die begehrte Leistungsart nach § 97 sachlich zuständig ist, muss sodann die örtliche Zuständigkeit geprüft werden. Bei der Klärung der örtlichen Zuständigkeit nach § 98 ist die Frage zu beantworten, welcher (je nach sachlicher Zuständigkeit örtliche oder überörtliche) Träger für den betroffenen räumlichen Bereich, also auf die konkrete Örtlichkeit bezogen, zuständig ist. Diese richtet sich grundsätzlich nach den Aufenthaltsverhältnissen des Leistungssuchenden (vgl. Komm. zu § 98).

 

Rz. 8a

Aus der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit nach § 97 folgt mittelbar auch die sachliche Zuständigkeit für die Leistungsvereinbarung nach §§ 75 ff., die vom Sozialhilfeträger mit dem Leistungserbringer geschlossen wird. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 75 Abs. 1 Satz 1 HS 2 i. d. F. ab 1.1.2020 somit nach dem Ort der Leistungserbringung und nicht etwa gemäß § 98 nach den Aufenthaltsverhältnissen des Leistungssuchenden bzw. -berechtigten (BSG, Urteil v. 8.3.2017, B 8 SO 20/15 R; Deckers, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 97 Rz. 5).

 

Rz. 9

Im konkreten Einzelfall ist somit zuerst die sachliche (§ 97), dann die örtliche (§ 98) Zuständigkeit zu prüfen.

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