Rz. 29
Nach altem Recht galt auch für stationäre Leistungen in Einrichtungen die Zuständigkeit des tatsächlichen Aufenthaltes (vgl. Rz. 3, dort auch gesetzgeberische Motivation). Der damit einhergehenden ungleichen Lastenverteilung zwischen den Sozialhilfeträgern wurde mit Kostenerstattungsregelungen begegnet. Diese führten zu erheblichem Verwaltungsaufwand, sodass § 97 mit Wirkung zum 27.6.1993 durch das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) v. 23.6.1993 (BGBl. I S. 944) neu gefasst wurde und nunmehr der gewöhnliche Aufenthalt (dazu Rz. 3 und 35 ff.) vor Aufnahme in eine stationäre Einrichtung maßgeblich wurde für die Bestimmung des zuständigen Sozialhilfeträgers. Damit wurde die gleichmäßige Lastenverteilung nicht mehr über eine Kostenerstattung, sondern über eine unmittelbare Zuständigkeit des Herkunftsträgers herbeigeführt (vgl. Rz. 3; ferner: Steimer, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 98 Rz. 51).
Rz. 30
Diese neue Regelung ist nicht ohne Kritik geblieben. So wird ihr entgegengehalten, dass damit die gesamte Problematik des auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungssuchenden bezogenen bisherigen Kostenerstattungsrechts nun Gegenstand der Frage ist, welcher Sozialhilfeträger im Einzelfall örtlich zuständig ist. Gerade diese Auseinandersetzung spielte sich unter der Geltung des Kostenerstattungsrechts ausschließlich zwischen den Sozialhilfeträgern ab und berührte die Position des Leistungssuchenden nicht (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 98 Rz. 1 f.; Deckers, in: Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, § 98 Rz. 3). Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass bei Streitigkeiten über den gewöhnlichen Aufenthalt innerhalb von 4 Wochen der Träger des tatsächlichen Aufenthaltes die Hilfe im Wege der vorläufigen Leistung zu erbringen hat (Abs. 2 Satz 3). Der Kostenausgleich findet dann – wie bisher auch – im Wege der Kostenerstattung (§ 106 Abs. 1) statt. Insofern hat sich die Position des Leistungssuchenden zwar geändert, allerdings ist eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung eingetreten (Zeitler, NDV 1998 S. 105; ihm folgend: Deckers, in: Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, § 98 Rz. 3; zur Rolle des Leistungssuchenden vgl. Rz. 3 a. E.).
Rz. 31
Abs. 2 Satz 1 begründet eine Sonderzuständigkeit bei einer Leistung in einer stationären Einrichtung, vorausgesetzt wird Heimbetreuungsbedürftigkeit (zweifelnd Deckers, in: Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, § 98 Rz. 25a), da es sich andernfalls nicht um eine stationäre Leistung handeln würde (vgl. Rz. 33; Steimer, in: Mergler/Zink, SGB XII,, § 98 Rz. 54). Mit der Beendigung der stationären Hilfemaßnahme endet die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers, in dessen Bereich der Hilfeempfänger zum Zeitpunkt der Aufnahme in der Maßnahme seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Zuständig für die nunmehr zu gewährende ambulante Hilfe wird nach § 98 Abs. 1 Satz 1 der Sozialhilfeträger, in dessen Bereich der Hilfeempfänger sich tatsächlich aufhält (OVG Schleswig, Beschluss v. 26.3.2002, 2 M 1/02). Das Verlassen der Einrichtung muss willensgesteuert sein, ansonsten tritt keine Unterbrechung ein (verneint für Alkoholiker: VG Hannover, Urteil v. 5.3.2004, 3 A 653/01).
2.7.1 Stationäre Einrichtung
Rz. 32
Der Begriff der stationären Einrichtung wird in § 13 definiert. Danach sind stationäre Einrichtungen solche, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten. In diesem Sinne zählen dazu alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen (§ 13 Abs. 2). Damit ist zunächst nicht viel gewonnen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung versteht unter einer stationären Einrichtung einen in einer besonderen Organisationsform zusammengefassten Bestand an personellen und sachlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf eine gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (BSG, Urteil v. 26.10.2017, B 8 SO 12/16 R; Urteil v. 13.2.2014, B 8 SO 11/12 R; BVerwG, U.rteil v. 24.2.1994, 5 C 42/91). Der Einrichtungsträger übernimmt die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Einrichtungsbewohner (Kiss in: Mergler/Zink SGB XII, § 13 Rz. 38 ff.; Gerlach, 2008 S. 4). Darunter können Altenpflegeheime, Internatsschulen für behinderte Kinder, Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und Wohnheime für behinderte Menschen fallen. Von der stationären ist die teilstationäre Einrichtung abzugrenzen, für die nicht Abs. 2, sondern die allgemeine Regel des Abs. 1 gilt (tatsächlicher Aufenthalt). Zwar muss mit der teilstationären Betreuung ebenfalls die Aufnahme in ein Gebäude oder irgendeine andere Räumlichkeit verbunden sein, wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist jedoch der zeitliche Umfang des Leistungsangebotes (Gerlach, 2008 S. 4). Die Aufnahme geschieht nicht im Rahmen eines Vollaufenthaltes, sondern erstreckt sich lediglich über einen Teil des Tages,...