0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem SGB I v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) zum 1.1.1976 in Kraft getreten. Durch Art. 2 Nr. 6, Art. 68 Abs. 1 des SGB IX v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) ist sie mit Wirkung zum 1.7.2001 in Abs. 1 Nr. 2 mit Blick auf den Sprachgebrauch des SGB IX geändert worden. Sodann ist Abs. 1 Nr. 3 als Folgeänderung durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts v. 13.12.2007 (BGBl. I S. 2904) mit Wirkung zum 21.12.2007 angepasst worden. In Abs. 1 Nr. 3 wurden die Wörter "Minderung der Erwerbsfähigkeit" durch die Wörter "anerkannten Schädigungsfolgen" ersetzt (Art. 20 Abs. 4 des Gesetzes, BGBl. I S. 2928). § 24 Abs. 2 wurde mit Wirkung zum 1.1.2015 neu gefasst durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund v. 15.7.2013 (BGBl. I S. 2416).
1 Allgemeines
Rz. 1a
§ 24 ist eine Vorschrift mit "Informationscharakter". Sie begründet keinerlei Ansprüche auf soziale Leistungen. Es handelt sich um eine "Einweisungsvorschrift", wie aus der Überschrift des Zweiten Abschnitts des SGB I folgt. § 24 konkretisiert einzelne Sozialleistungen (Abs. 1) und die zuständigen Leistungsträger (Abs. 2). Die sozialen Rechte werden in § 2 definiert und in den §§ 3 ff. im Einzelnen gelistet. Maßgebend im Zusammenhang mit § 24 ist § 5 (Soziale Entschädigung bei Gesundheitsschäden). Das Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden ist in einer Vielzahl verschiedener Leistungsgesetze normiert. "Grundgesetz" des sozialen Entschädigungsrechts (SER) ist das BVG (vgl. auch die Komm. zu § 5). Die sozialrechtlichen Nebengesetze enthalten i. d. R. nur die Leistungsvoraussetzungen, hingegen wird hinsichtlich der Rechtsfolgen auf das BVG verwiesen. Die entschädigungsrechtlichen Nebengesetze und das BVG sind Besondere Teile des Sozialgesetzbuches (§ 68 Nr. 7).
1.1 Rechtsquellen
Rz. 2
Das SER ist in § 5 dergestalt umschrieben, dass demjenigen, der einen Gesundheitsschaden erleidet, für dessen Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen einzustehen hat, Entschädigung zu leisten ist. Gesetzlich geregelt ist das SER im Bundesversorgungsgesetz (BVG) sowie spezialgesetzlichen Nebengesetzen (vgl. hierzu die Komm. zu § 5). Daneben bestehen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu einzelnen Bestimmungen des BVG, die diese erläutern und ergänzen. Bedeutsam sind weiterhin die vom damaligen Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem SchwbG (AHP). Diese enthalten Hinweise für die Beurteilung und Bewertung der medizinisch relevanten Sachverhalte, namentlich hinsichtlich der Bewertung einer MdE sowie für Fragen des Kausalzusammenhangs (abrufbar im Internet auf der Homepage des BMAS unter http://www.bmas.de). Die AHP haben keine Rechtsnormqualität, vielmehr handelt es dabei nach Auffassung des BSG um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das den aktuellen Wissens- und Erkenntnisstand der herrschenden medizinischen Lehrmeinung wiedergibt (BSG, Urteil v. 18.9.2003, B 9 SB 3/02 R, SozR 4-3250 § 69 Nr. 2). Als einleuchtendes, abgewogenes und in sich geschlossenes Beurteilungsgefüge ermöglichen die AHP der Versorgungsverwaltung und den Gerichten unter Wahrung des allgemeinen Gleichheitssatzes, den zutreffenden MdE/GdB-Grad für eine Schädigungsfolge oder Behinderung zu bestimmen. Im Interesse der nach Art. 3 GG gebotenen gleichmäßigen Behandlung der Betroffenen, d. h. einer einheitlichen und gleichmäßigen Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe im sozialen Entschädigungsrecht und Schwerbehindertengesetz wie z. B. GdB und MdE, entfalten die AHP wegen des fehlenden Normgefüges in der Verwaltungspraxis normähnliche Wirkung und sind von den Gerichten wie untergesetzliche Normen anzuwenden (vgl. BSG, Urteile v. 23.6.1993, 9/9a RVs 1/91, SozR 3-3870 § 4 Nr. 6; v. 11.10.1994, 9 RVs 1/93, SozR 3-3870 § 3 Nr. 5; v. 18.12.1996, 9 RV 17/95, juris; v. 1.9.1999, B 9 V 25/98 R, SozR 3-3100 § 30 Nr 22; BVerfG, Beschluss v. 6.3.1995, 1 BvR 60/95, SozR 3-3870 § 3 Nr. 6).
Rz. 2a
Nachdem das BSG schon mit Urteil v. 23.6.1993 (9/9a RVs 1/91, SozR 3-3870 § 4 Nr. 6) eine Ermächtigungsnorm sowie klare gesetzlichen Vorgaben für die AHP angemahnt hat, wurde durch das zum 21.12.2007 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts v. 13.12.2007 (BGBl. I S. 2904) zwecks Verrechtlichung der AHP eine Ermächtigungsgrundlage für eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu erlassende Rechtsverordnung geschaffen. Hierzu wurde § 30 BVG ein Abs. 17 (!) wie folgt angefügt: "Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mi...