Rz. 15

Als Leistungen zur Sozialen Teilhabe bezeichnet der Gesetzgeber die Leistungen, die den Menschen mit Behinderung oder drohenden Behinderung

  • die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen oder sichern oder
  • so weit wie möglich unabhängig von der Pflege machen.

Die Folgen einer Behinderung können z. B. darin bestehen,

  • dass der betroffene Mensch nicht mehr in seiner Wohnung leben kann,
  • dass er nicht mehr in der Lage ist, allein seinen Haushalt zu führen, oder
  • dass es ihm ohne spezielle Hilfen nicht mehr möglich ist, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Genau hier setzen die Leistungen zur Sozialen Teilhabe an.

Die einzelnen Leistungen werden näher in den §§ 76 ff. SGB IX beschrieben. Zu ihnen zählen

  • die Versorgung mit anderen als den

    • in § 47 SGB IX (medizinische Rehabilitation) genannten Hilfsmitteln (z. B. Notrufgerät, sowie Hilfsmittel, die Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind und in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind – z. B. Hörgerätebatterien) oder den
    • in § 49 SGB IX (Teilhabe am Arbeitsleben) genannten Hilfen,
  • heilpädagogische Leistungen für (in ihrer Entwicklung verzögerte) Kinder, die noch nicht eingeschult sind (vgl. § 79 SGB IX),
  • Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen,
  • Mobilitätshilfen (z. B. eine monatlich begrenzte Anzahl von Transporten eines nicht mobilen Menschen zu Freunden, zu kulturellen Veranstaltungen etc.),
  • Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt bei kommunikationsgestörten Menschen (vgl. § 82 SGB IX),
  • Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderung entspricht (z. B. Verbreiterung der Türen wegen eines Rollstuhls, automatische Toilettenanlage) sowie Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten ("betreutes Wohnen"),
  • Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben in dem Umfang, in dem es üblicherweise auch Menschen ohne Behinderung tun (einschließlich Finanzierung der Mitgliedschaft in Vereinen, Selbsthilfegruppen usw. im angemessenen Rahmen),
  • Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie (Ziel ist, dem leistungsberechtigten "Kind" die Betreuung in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie durch eine geeignete Pflegeperson zu ermöglichen) sowie
  • Assistenzleistungen (menschliche Hilfsdienste für den Betroffenen; sie dienen der selbstbestimmten Alltagsbewältigung und Tagesstrukturierung des Betroffenen).

Die hier aufgeführten Leistungen sind nur Beispiele. Die Leistungen zur Sozialen Teilhabe kennen nämlich kein festes Leistungsspektrum wie in der Kranken- oder Rentenversicherung. Vielmehr sind Art, Umfang, Form und Weise der Leistungen vom individuellen Teilhabebedarf abhängig. Individuelle Bedarfe bedürfen deshalb individueller Leistungen.

Einzelheiten sind der Komm. zu den §§ 76 ff. SGB IX zu entnehmen.

 

Rz. 16

An dieser Stelle weist der Autor auf das sog.Persönliche Budget (§ 29 SGB IX) hin, welches im Vergleich zu den anderen Leistungsgruppen besonders oft bei den Leistungen zur sozialen Teilhabe gewählt wird.

Das Persönliche Budget ermöglicht Menschen mit einem Anspruch auf Teilhabeleistungen, sich den Wert für eine traditionelle Sach- oder Dienstleistung in Geld auszahlen zu lassen. Von diesem Geld können sie dann selbst auf dem freien Markt die Leistung beschaffen. Sie können so theoretisch selbst entscheiden, wann welcher Dienst und welche Person die Unterstützung erbringen soll. Von dem Geld, das ihnen im Rahmen des Persönlichen Budgets im Voraus zur Verfügung gestellt wird, bezahlen sie die Aufwendungen, die zur Deckung ihres persönlichen Hilfebedarfs erforderlich sind. Damit werden Menschen mit Behinderung zu Budgetnehmern, die den "Einkauf" der Leistungen eigenverantwortlich, selbstständig und selbstbestimmt regeln können. Als Experten in eigener Sache entscheiden sie somit selbst, welche Hilfen für sie am besten sind und welcher Dienst und welche Person zu dem von ihnen gewünschten Zeitpunkt eine Leistung erbringen soll. Sind die nachgewiesenen Kosten niedriger als das im Rahmen des Persönlichen Budgets bereit gestellte Geld, ist die Differenz an den Rehabilitationsträger zurück zu zahlen.

 

Rz. 17

Alle Leistungen der Sozialen Teilhabe sind gegenüber den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe an Bildung nachrangig (§ 76 Abs. 1 SGB IX).

Leistungspflichtig sind i. d. R. die Träger der Eingliederungshilfe (Träger der Sozialhilfe). Die Leistungen zur sozialen Teilhabe werden aber auch von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden von den Trägern der Kriegsopferversorgung und den Trägern der Kriegsopferfürsorge sowie bei Arbeitsunfällen/Berufskrankheiten von den Unfallversicherungsträgern erbracht.

Ist der Träger der Ein...

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