2.1 Fälligkeit
Rz. 5
Unter Fälligkeit ist der Zeitpunkt zu verstehen, bis zu dem Ansprüche erfüllt sein müssen, um Verzugsfolgen seitens des Schuldners zu vermeiden und ab dem der Gläubiger die Erfüllung verlangen und gerichtlich geltend machen kann.
Rz. 6
Als Grund- und Auffangtatbestand ist die zeitliche Identität von Entstehen und Fälligkeit der Ansprüche vorgesehen. Unter Ansprüchen sind hier die Einzelansprüche auf Sozialleistungen als Rechts- oder Ermessensansprüche zu verstehen, da nur diese erfüllbar sind. Das sog. Stammrecht (vgl. Komm. zu § 40) kann dagegen nicht fällig werden, sondern nur i. S. der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für Einzelleistungsansprüche entstehen und fortbestehen.
Rz. 7
Für kraft Gesetzes entstehende Leistungsansprüche ist der Fälligkeitszeitpunkt mit dem Entstehenszeitpunkt notwendig identisch, weil es nicht auf den Zeitpunkt der deklaratorischen anerkennenden Entscheidung des Versicherungsträgers ankommt (vgl. Komm. zu § 40). Bei Anspruchsleistungen kann daher ab Fälligkeit die Erfüllung und nicht nur die Bescheidung verlangt werden.
Rz. 8
Bei Ermessensleistungen tritt die Fälligkeit erst mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts über die Leistungszubilligung (Bewilligungsbescheid) ein, weil erst dann und dadurch der konkrete Leistungsanspruch entsteht (§ 40 Abs. 2). Wird eine Ermessensleistung für einen zurückliegenden Zeitraum zugebilligt, führt dies nicht zu einer dementsprechenden Fälligkeit in der Vergangenheit, sondern erst ab dem Zugang des Bewilligungsbescheids. Allerdings kann in dem Bewilligungsbescheid die Leistung auch erst für einen späteren Zeitpunkt nach der Bekanntgabe des Bescheids vorgesehen sein (z. B. Bewilligung einer Reha-Maßnahme oder Kur ab einem späteren Datum oder Erstattung künftig anfallender Kosten). In diesen Fällen entsteht die Fälligkeit als Leistungsverpflichtung (Erfüllungspflicht) erst ab dem im Bescheid genannten Zeitpunkt.
Rz. 9
Die Bedeutung der Fälligkeit liegt neben dem Erfüllungsanspruch insbesondere darin, als davon die Verzinsungspflicht und die Sonderrechts- oder Erbnachfolge (§§ 56, 58) bei Geldansprüchen abhängen. Die Fälligkeit ist auch in Fällen der Abtretung, Auf-/Verrechnung und Pfändung zu beachten.
Rz. 10
Die Vorschrift bezieht sich nur auf Sozialleistungen i. S. d. § 11 und ist nicht auf Ersatz- oder Erstattungsansprüche des Berechtigten oder auf Ansprüche der Leistungserbringer anwendbar.
2.2 Antragstellung
Rz. 11
Die Frage eines notwendigen materiellen Antrags ist daher nicht nur für die Frage des Entstehens und der Erfüllbarkeit, sondern auch für die Fälligkeit entscheidend. Führt ein Antrag auch zu einem Anspruch für zurückliegende Zeiten (wie bei der Rentenbeantragung innerhalb von 3 Monaten ab Entstehen des Rentenstammrechts, § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), so entsteht der Anspruch nicht nur für diese zurückliegende Zeit, in der die Anspruchsvoraussetzungen vorlagen, sondern es tritt grundsätzlich auch die Fälligkeit rückwirkend ein. Der rückwirkenden Verzinsungspflicht steht jedoch § 44 Abs. 2 entgegen, wonach die Verzinsungspflicht erst 6 Monate ab Vorliegen eines vollständigen Antrags beginnt (vgl. Komm. zu § 44).
Rz. 12
Bei einem nur verfahrensrechtlich erforderlichen Antrag ist für die Fälligkeit allein auf das Entstehen der Ansprüche abzustellen. Jedoch treten die sonst mit Verzug verbundenen Folgen, wie die Verzinsungspflicht nach § 44, auch hier nicht vor dem vollständigen Leistungsantrag ein (vgl. Rz. 9).
Rz. 13
Bei Sach- und Dienstleistungen ist die Frage der verfahrens- oder materiellrechtlichen Erforderlichkeit eines Antrags zumeist ohne Bedeutung, weil diese für die Vergangenheit ohnehin nicht mehr als solche erfüllbar wären. Jedoch kann die Frage der Fälligkeit bei der Beurteilung der nicht rechtzeitigen Leistungserbringung (z. B. im Rahmen von § 13 Abs. 3 SGB V; vgl. Komm. dort) von Bedeutung sein.
2.3 Sonderregelungen
Rz. 14
Die Fälligkeitsregelung des § 41 steht unter dem ausdrücklich wiederholten Vorbehalt abweichender Bestimmungen in den besonderen Sozialgesetzbüchern, wozu auch die in § 68 genannten Gesetze gehören. Die Regelung ist daher nur anzuwenden, wenn keine andere gesetzliche Regelung zur Fälligkeit besteht, gilt also nur im Zweifelsfall. Obwohl die allgemeine Vorschrift des § 41 den Begriff der Fälligkeit der Ansprüche verwendet, wird dieser Begriff in den auch neueren besonderen Büchern des SGB zumeist nicht gebraucht. In den besonderen Büchern werden eher Aussagen zum Zahlungszeitpunkt oder dem Beginn der Leistung (abschnittsweise Zahlung) gemacht werden, was inhaltlich Regelungen über die Fälligkeit enthält (so auch Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 41 Rz. 11, Stand: Juli 2014; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 41 Rz. 8). Auch solche Regelungen gehen der Anwendung des § 41 vor, soweit es auf den Zeitpunkt der Fälligkeit als Zeitpunkt für die Möglichkeit, die Leistung zu fordern, ankommt.
Rz. 15
Die gesetzlichen Regelungen über die Zahlungsweise von Geldleistungen bieten kein einheitliches Bild, aus dem sich eine Systematik ableiten ließe. Für Rentenlei...