0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem SGB I durch Gesetz v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) zum 1.1.1976 in Kraft getreten und seither nicht geändert worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 41 enthält eine gegenüber den Vorschriften der besonderen Bücher des SGB nachrangige Regelung über die Fälligkeit der Ansprüche auf Sozialleistungen; die Nachrangigkeit ergibt sich einerseits aus dem einleitenden Wortlaut "Soweit" und andererseits aus dem Vorbehalt des § 37. Die Regelung entspricht inhaltlich § 271 Abs. 1 BGB. Durch die Fälligkeit wird der Zeitpunkt bestimmt, ab dem die Sozialleistung zu erbringen ist und vom Berechtigten gefordert werden kann. Die Vorschrift ergänzt, wenn keine anderen Vorschriften bestehen, den § 40 um die Regelung, dass zugleich mit dem Entstehen der Ansprüche auch deren Fälligkeit eintritt und diese daher auch sofort zu erfüllen sind. Grundsätzlich ist mit der Fälligkeit auch die Klagbarkeit des Anspruchs verbunden. In der Praxis wird nach der Rechtsprechung jedoch vor der Klagbarkeit die Geltendmachung des Anspruchs beim Sozialleistungsträger verlangt (vgl. Baier, in: Krauskopf, SozKV, SGB I, § 41 Rz. 2, Stand: Januar 2003). Damit wird für die Fälligkeit und den gerichtlichen Rechtsschutz allerdings etwas vorausgesetzt, was §§ 40, 41 gerade ausschließen wollen, nämlich die Abhängigkeit des Forderungsrechts von seiner vorherigen Geltendmachung beim Leistungsträger und dessen Anerkenntnis (so auch Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 40 Rz. 6; vgl. auch Komm. zu § 40).
Rz. 3
Die Vorschrift ist in BT-Drs. 7/868 S. 29 wie folgt begründet worden: "Die Vorschrift hat nur subsidiären Charakter, da die Fälligkeit von Leistungen in den einzelnen Sozialleistungsbereichen mit Recht teilweise unterschiedlich geregelt ist. Sie bestimmt für die Sozialleistungen, für die eine Regelung im Gesetz fehlt, dass sie mit der Entstehung des Anspruchs fällig werden. Dies entspricht einem anerkannten Rechtsgrundsatz."
Rz. 4
Die Vorschrift übernimmt inhaltlich die bereits zuvor vom Großen Senats des BSG (Beschluss v. 21.12.1971, GS 4/71) unter Bezugnahme auf § 271 BGB für das Sozialrecht (für die Verjährung nach § 29 Abs. 3 RVO) vertretene Rechtsauffassung zum Beginn der Verjährung mit dem Entstehen des Anspruchs und der damit verbundenen sofortigen Fälligkeit.
2 Rechtspraxis
2.1 Fälligkeit
Rz. 5
Unter Fälligkeit ist der Zeitpunkt zu verstehen, bis zu dem Ansprüche erfüllt sein müssen, um Verzugsfolgen seitens des Schuldners zu vermeiden und ab dem der Gläubiger die Erfüllung verlangen und gerichtlich geltend machen kann.
Rz. 6
Als Grund- und Auffangtatbestand ist die zeitliche Identität von Entstehen und Fälligkeit der Ansprüche vorgesehen. Unter Ansprüchen sind hier die Einzelansprüche auf Sozialleistungen als Rechts- oder Ermessensansprüche zu verstehen, da nur diese erfüllbar sind. Das sog. Stammrecht (vgl. Komm. zu § 40) kann dagegen nicht fällig werden, sondern nur i. S. der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für Einzelleistungsansprüche entstehen und fortbestehen.
Rz. 7
Für kraft Gesetzes entstehende Leistungsansprüche ist der Fälligkeitszeitpunkt mit dem Entstehenszeitpunkt notwendig identisch, weil es nicht auf den Zeitpunkt der deklaratorischen anerkennenden Entscheidung des Versicherungsträgers ankommt (vgl. Komm. zu § 40). Bei Anspruchsleistungen kann daher ab Fälligkeit die Erfüllung und nicht nur die Bescheidung verlangt werden.
Rz. 8
Bei Ermessensleistungen tritt die Fälligkeit erst mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts über die Leistungszubilligung (Bewilligungsbescheid) ein, weil erst dann und dadurch der konkrete Leistungsanspruch entsteht (§ 40 Abs. 2). Wird eine Ermessensleistung für einen zurückliegenden Zeitraum zugebilligt, führt dies nicht zu einer dementsprechenden Fälligkeit in der Vergangenheit, sondern erst ab dem Zugang des Bewilligungsbescheids. Allerdings kann in dem Bewilligungsbescheid die Leistung auch erst für einen späteren Zeitpunkt nach der Bekanntgabe des Bescheids vorgesehen sein (z. B. Bewilligung einer Reha-Maßnahme oder Kur ab einem späteren Datum oder Erstattung künftig anfallender Kosten). In diesen Fällen entsteht die Fälligkeit als Leistungsverpflichtung (Erfüllungspflicht) erst ab dem im Bescheid genannten Zeitpunkt.
Rz. 9
Die Bedeutung der Fälligkeit liegt neben dem Erfüllungsanspruch insbesondere darin, als davon die Verzinsungspflicht und die Sonderrechts- oder Erbnachfolge (§§ 56, 58) bei Geldansprüchen abhängen. Die Fälligkeit ist auch in Fällen der Abtretung, Auf-/Verrechnung und Pfändung zu beachten.
Rz. 10
Die Vorschrift bezieht sich nur auf Sozialleistungen i. S. d. § 11 und ist nicht auf Ersatz- oder Erstattungsansprüche des Berechtigten oder auf Ansprüche der Leistungserbringer anwendbar.
2.2 Antragstellung
Rz. 11
Die Frage eines notwendigen materiellen Antrags ist daher nicht nur für die Frage des Entstehens und der Erfüllbarkeit, sondern auch für die Fälligkeit entscheidend. Führt ein Antrag auch zu einem Anspruch für zurückliegende Zeiten (wie bei der Rentenbeantragung innerhalb von 3 Monaten ab Entstehen des Rentenstammrechts, § 99 Abs. ...