0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem SGB I durch Gesetz v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) zum 1.1.1976 in Kraft getreten.
Mit Art. II § 15 Nr. 1 Buchst. q, Art. II § 25 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) – Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten v. 4.11.1982 (BGBl. I S. 1450) wurde mit Wirkung zum 1.7.1983 in Abs. 2 der Satz 3 mit dem Verweis auf § 50 Abs. 4 SGB X angefügt.
Durch Art. 1 Nr. 3, Art. 23 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs – 2. SGBÄndG) v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) wurde mit Wirkung zum 18.6.1994 der Abs. 3 neu gefasst (Verweis auf § 76 SGB IV).
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift über die Zahlung von Vorschüssen bei noch ungeklärter Höhe der Sozialleistung in Geld soll den Berechtigten vor wirtschaftlichen Nachteilen bei längerfristigen Verzögerungen in der Berechnung der Sozialleistungsansprüche schützen. Was dabei als "längere" Bearbeitungszeit anzusehen ist, wird je nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Zweck der jeweiligen Sozialleistung, unterschiedlich zu beurteilen sein; so werden in Fällen, in denen der Berechtigte die Sozialleistung dringend zum Lebensunterhalt benötigt, oft auch verhältnismäßig kurze Bearbeitungszeiten durch Vorschüsse überbrückt werden müssen (so die Begründung in BT-Drs. 7/868 S. 29). Diese Verzögerung der Leistungserbringung wird durch die erst erheblich später beginnende Verzinsungspflicht des § 44 für Geldleistungen nicht ausgeglichen. Die Regelung ist auch Ausdruck und Konkretisierung des Beschleunigungsgrundsatzes (§ 17 Abs. 1 Nr. 1) und dem Grunde nach auch eine Ausnahme von der Bindung der Verwaltung an die Gewährung von Leistungen nur nach Maßgabe der Voraussetzungen der gesetzlichen Vorschriften (§ 2 Satz 2, § 31; Art. 20 Abs. 3 GG), weil die Höhe der Geldleistung nach den gesetzlichen Regelungen noch nicht genau feststeht.
Rz. 2
Darüber hinaus werden in der Vorschrift die Anrechnung der Vorschüsse auf die später festgestellte genaue Höhe der zustehenden Leistung und die Erstattungspflicht bei Überzahlung (Abs. 2) sowie die Möglichkeit von Stundung, Niederschlagung und Erlass des Erstattungsanspruchs geregelt (Abs. 3).
2 Rechtspraxis
2.1 Voraussetzungen (Abs. 1)
Rz. 3
Die Vorschrift ist nur dann anwendbar, wenn es sich um Geldleistungen als Sozialleistung (§ 11) des zuständigen Leistungsträgers handelt. Auf diese Geldleistungen muss ein Rechtsanspruch (§ 38) bestehen. Auf Sach- und Dienstleistungen ist die Vorschrift daher schon dem Grunde nach nicht anwendbar. Hat sich der Sozialleistungsberechtigte eine Sach- oder Dienstleistung selbst beschafft und steht ihm dafür ein Erstattungsanspruch zu, sind Vorschusszahlungen auf diesen Erstattungsanspruch nicht zu erbringen, weil es in soweit an der von § 42 vorausgesetzten Bedarfssituation fehlt (so auch Lilge, SGB I, 4. Aufl., § 42 Rz. 28). Der erstattungspflichtige Leistungsträger ist aber nicht gehindert, Abschlagzahlungen auf einen anerkannten Kostenerstattungsanspruch zu zahlen, wenn die Höhe noch nicht genau feststeht; § 42 ist aber dafür nicht maßgeblich. Bei Sozialhilfeleistungen findet die Vorschrift keine Anwendung, weil diese Leistungen einen unmittelbar vorhandenen Bedarf ausgleichen sollen und mit dem Bedarf bereits der Anspruch auf entsprechende Leistungen besteht. Soweit vorrangige Ansprüche bestehen, ist die Möglichkeit der Überleitung bzw. Erstattung dieser Ansprüche auf und an den Sozialhilfeträger gegeben.
Rz. 4
Die Vorschrift findet dem Grunde nach nur Anwendung, wenn die Zuständigkeit des Sozialleistungsträgers für die Geldleistung geklärt ist. Ist diese Frage unklar, ist § 43 anwendbar. Wurde die Zuständigkeit irrtümlich angenommen, ist der Ausgleich mit dem wirklich zuständigen Träger nach Maßgabe der §§ 102 ff. SGB X vorzunehmen. Dies gilt auch, wenn der unzuständige Sozialleistungsträger zunächst Vorschüsse nach § 42 erbracht hatte.
Rz. 5
Der Anspruch muss dem Grunde nach bestehen, woraus sich dann bei gesetzlichen Ansprüchen (§ 38) auch die gesetzliche Höhe ergibt. Eine förmliche Entscheidung über den Anspruch dem Grunde nach ist wegen der Eigenständigkeit der Vorschussgewährung nicht erforderlich. Lediglich wegen der Höhe des Zahlbetrags dürfen noch Unklarheiten bestehen. Dies kann besonders im Zusammenhang mit Renten der Fall sein, wenn noch rentenrechtliche Zeiten und relevante Sachverhalte zu ermitteln sind, oder bei sonstigen einkommensabhängigen Leistungen, bei denen noch Einkünfte zu ermitteln sind. Da die Einkommenshöhe bei einigen Sozialeistungen (z. B. Sozialhilfe, Ausbildungsförderung oder Wohngeld) auch den Anspruch dem Grunde nach betrifft, hat § 42 für derartige Fallgestaltungen wenig praktische Bedeutung. Für den Bereich der Grundsicherung nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) wurde mit Wirkung zum 1.8.2016 (mit Übergangsregelung in § 80 SGB II) mit § 41 a SGB II eine eigenständige Regelung über Vorschüsse für Geld- und Sachleistungen get...