Rz. 7
Der Verzicht ist durch eine einseitige rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung des Berechtigten gegenüber dem Leistungsträger, der den Sozialleistungsanspruch zu erfüllen hat, zu erklären. Auf diese einseitige Erklärung ist § 130 BGB anzuwenden, d. h., sie wird mit dem Zugang wirksam. Als einseitige Erklärung ist die Verzichtserklärung bedingungsfeindlich. Geschäftsfähigkeit wird dabei für die Wirksamkeit der Erklärung vorausgesetzt; für minderjährige Handlungsfähige ist dafür für den Verzicht die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich (vgl. § 36 und Komm. dort). Der Verzicht kann auf Teilbeträge beschränkt werden (BSG, Urteil v. 27.11.1991, 4 RA 10/91, SozR 3-1200 § 46 Nr. 3) oder von Beginn an nur für eine bestimmte Zeit erklärt werden. Eine betragsmäßige Begrenzung ist für den Verzicht nicht vorgesehen, so dass auch auf den vollen Anspruch verzichtet werden kann. Auf welche Leistung und in welchem Umfang verzichtet werden soll, muss aus der Verzichtserklärung eindeutig hervorgehen. Dies gilt auch und insbesondere bei formularmäßig vorformulierten Verzichten (vgl. BSG, Urteil v. 25.7.1995, 10 RKg 9/94, SGb 1996 S. 335 mit Anm. Schnath = BSGE 76 S. 203).
Rz. 8
Die Verzichtserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, also auch der eigenhändigen Unterschrift (§ 126 BGB). Die Schriftform ist Wirksamkeitserfordernis und nicht nur Formvorschrift und dient zudem zur Beweiserleichterung (so BT-Drs. 7/868 S. 30). Erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung beim zuständigen Leistungsträger wird der Verzicht wirksam. Für den Zugang ist der Eingang bei einer anderen Stelle i. S. d. § 16 Abs. 2 nicht ausreichend (so Jung, in: Wannagat, SGB I, § 46 Rz. 13; Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 46 Rz. 22, Stand: 15.3.2018). Ein gerichtlich protokollierter Vergleich ist jedoch geeignet, die Schriftform zu ersetzen. Ebenso kann die Schriftform durch eine Erklärung zur Niederschrift (§ 84 Abs. 1 SGG) ersetzt werden. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Voraussetzung ist dafür aber, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist oder die Voraussetzungen der Ersetzung der Schriftform durch andere sichere Übermittlungsverfahren nach § 36a Abs. 2 Satz 4 erfüllt (vgl. § 36a und Komm. dort).
Rz. 9
Die Leistungsansprüche, auf die verzichtet werden soll, müssen dem Verzichtenden noch zustehen. Sie dürfen also nicht vor der Verzichtserklärung kraft Gesetzes oder in sonstiger Weise auf einen Dritten übergegangen, an diesen abgetreten oder gepfändet sein. Allerdings ist der Verzicht noch insoweit möglich, als die Abtretung oder Verpfändung nach §§ 53, 54 nicht wirksam wäre und dem Leistungsberechtigten noch Zahlungsansprüche verblieben. Die Verwendung auch nicht pfändbarer Teile einer Sozialleistung in Geld, z. B. zur Schuldentilgung, bliebe auch sonst dem Berechtigten unbenommen. Nicht dem Berechtigten, sondern den Sozialversicherungsträgern stehen die von Dritten zu tragenden Beiträge oder Beitragsanteile zur Pflichtversicherung zu (BSG, Urteil v. 17.12.1996, 12 RK 23/96, NZS 1997 S. 279), so dass der Leistungsberechtigte darauf nicht verzichten kann. Auf den Beitragszuschuss des Arbeitgebers nach § 257 SGB V kann zwar auch nicht verzichtet werden (vgl. BSG, Urteil v. 8.10.1998, B 12 KR 19/97 R, BSGE 83 S. 40), jedoch beruht die Unwirksamkeit des Verzichts in diesem Fall auf § 32.