2.1.1 Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 4
Dem untergebrachten Berechtigten muss ein Anspruch auf eine laufende Geldleistung als Sozialleistung zustehen, die der Sicherung des Lebensunterhalts dient (vgl. Komm. zu § 48) oder die für und wegen Kindern, die bei der Leistung auch ohne gesetzliche Unterhaltspflicht berücksichtigt werden, gewährt werden.
Rz. 5
Dieser Zahlungsanspruch muss nur bereits kraft Gesetzes entstanden und zur Zahlung fällig sein oder regelmäßig fällig werden. Der Anspruch muss auch noch nach materiellrechtlichen Vorschriften bestehen, insbesondere nicht wegen der Unterbringung wegfallen (wie z. B. mangels Verfügbarkeit der Anspruch auf Arbeitslosengeld). Der Einzelanspruch muss darüber hinaus dem Berechtigten noch zustehen, darf also nicht zuvor wirksam abgetreten, gepfändet oder auf einen anderen Leistungsträger übergegangen sein. Soweit nicht pfänd- oder abtretbare Teile des Anspruchs dem Berechtigten verbleiben, kann dieser Teil ohne die Einschränkungen der §§ 53, 54 an die nach § 49 Berechtigten übertragen und ausgezahlt werden. Eine Überleitung nach § 50 ist gegenüber § 49 nachrangig (vgl. Komm. zu § 50).
Rz. 6
Die Nichtleistung von Unterhalt ist für die Anwendung des § 49 nicht erforderlich, denn die Auszahlung an die Unterhaltsberechtigte dient gerade auch der Sicherstellung deren Lebensunterhalts während der Unterbringung. § 49 hat, wenn ein Antrag gestellt wird, Vorrang vor § 48. Wird ein Antrag nicht gestellt, bleibt trotz Unterbringung des Berechtigten § 48 anwendbar, wenn nämlich der untergebrachte Leistungsberechtigte seine Unterhaltspflicht gegenüber Ehegatten oder Kindern verletzt.
Rz. 7
Ausreichend für die Auszahlung bei Unterbringung ist nach Abs. 2 auch allein der Bezug von Geldleistungen, die der Höhe nach für (nicht unterhaltsberechtigte) Kinder gewährt werden; insbesondere das Kindergeld für Stief- oder Pflegekinder und der Kinderzuschuss nach § 270 SGB VI. Dies entspricht § 48 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2.
2.1.2 Unterbringung auf richterliche Anordnung
Rz. 8
Die Vorschrift findet nur Anwendung, wenn es sich um eine Unterbringung aufgrund richterlicher Anordnung handelt. In erster Linie ist an die Vollstreckung von Freiheitsstrafen und Maßregeln der Sicherung und Besserung nach dem Strafgesetzbuch zu denken, aber auch an die Anordnung von Untersuchungshaft, Beugehaft; ferner an Freiheitsentziehung aufgrund landesrechtlicher Vorschriften. Keine Anwendung findet die Vorschrift, wenn eine Unterbringung aufgrund Betreuungsrechts zur Bestimmung des Aufenthalts erfolgt, selbst wenn sie mit Genehmigung des Betreuungsgerichts gemäß § 1906 Abs. 2 BGB erfolgt (so auch Mrozynski, SGB I, 4. Aufl., § 49 Rz. 6; Seewald, in: KassKomm. SGB I, § 49 Rz. 4a).
Rz. 9
Mit Einrichtung oder Anstalt als Unterbringungsort sind praktisch alle denkbaren Unterkünfte angesprochen, z. B. Strafvollzugsanstalten, Jugendstrafanstalten, Heilanstalten für Suchtkranke sowie Krankenhäuser jeder Art, insbesondere bei Maßnahmen nach § 30 InfektionsschutzG (IfSG).
Rz. 10
Die Unterbringung muss länger als einen Kalendermonat dauern, also mehr als einen vollständigen Kalendermonat umfassen. Hintergrund dafür ist einerseits die Leistung, die typischerweise für Kalendermonate gewährt wird, andererseits der ebenfalls kalendermonatlich zustehende Unterhaltsanspruch (§ 1361 Abs. 4, § 1612 BGB). Der Unterhaltsberechtigte kann daher bei einer Unterbringung für die Zeit von bis zu 4 Wochen vor oder nach der Unterbringung seine Unterhaltspflicht durch Verfügung über die an ihn gezahlten Geldleistungsansprüche erfüllen, so dass eine direkte Zahlung an Dritte dem Gesetzgeber entbehrlich erschien.
Rz. 11
Ob die in der richterlichen Anordnung vorgesehene oder vorhersehbare oder erst die tatsächliche Dauer der Unterbringung von länger als einem Kalendermonat maßgebend ist, ist umstritten. Aus der gewollten Übernahme der Regelung von § 1289 RVO (vgl. BT-Drs. 7/868 S. 31) wird man jedoch ableiten müssen, dass die gerichtlich angeordnete Dauer der Unterbringung einen vollen Kalendermonat überschreiten muss. Ob hierfür eine Prognose zur Unterbringungsdauer ausreicht (so Seewald, in: KassKomm. SGB I, § 49 Rz. 4a; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl., § 49 Rz. 3), erscheint zweifelhaft. Soweit es die Antragstellung betrifft, wird bei Unterbringungen, die von vornherein auf längere Dauer angeordnet sind, diese schon vor Ablauf des ersten vollen Kalendermonats der Unterbringung erfolgen können, zumal bis zur tatsächlichen Auszahlung an den Dritten ohnehin ein Kalendermonat bis zum nächsten Fälligkeitstermin einer laufenden Geldleistung verstreichen wird. Wird der Antrag vom Berechtigten selbst gestellt, kommt es auf den Zeitablauf ohnehin nicht an (vgl. Rz. 14)
2.1.3 Antragstellung
Rz. 12
Im Gegensatz zu § 48 sieht die Vorschrift vor, dass für die Auszahlung der Sozialleistung an Dritte ein Antrag zwingend erforderlich ist. Eine Verletzung der Unterhaltspflicht wird bei § 49 gerade nicht vorausgesetzt, so dass dies auch nicht als Grund des Antrags angegeben werden muss. Das Antragserfordernis überlässt es vorrangig den Unterhaltsberechtigten und -verp...