Rz. 12

Die Vorschrift legt den personalen Schutzbereich höchst diffus durch die Eingangswendung "wer" fest. Begrifflich ist "wer" prinzipiell jeder, d. h. jeder Mensch. Abgrenzungsprobleme entstehen insoweit, als nötigenfalls geklärt werden muss, wann das "Menschsein" beginnt. Auf der Abstraktionsebene des § 5, also einer Norm mit schlichter Leitfunktion, kann hierauf verzichtet werden. Stattdessen ist diese Frage anhand der herkömmlichen juristischen Auslegungsmethoden für jedes spezialgesetzliche Normengeflecht gesondert zu klären. Der Schutzzweck der jeweiligen Norm wird dabei im Vordergrund stehen müssen (vgl. BSG, Urteil v. 8.8.2001, B 9 VG 1/00 R, SozR 3-3800 § 1 Nr. 20). Soweit es das BVG bzw. OEG anlangt, sei in diesem Zusammenhang nur auf die Entscheidungen des BSG, Urteil v. 18.12.1982, 9a RV 18/82, sowie Urteil v. 8.8.2001, B 9 VG 1/00 R, hingewiesen, in denen der Nasciturus bzw. der noch nicht konzipierte Nasciturus in den Schutzbereich des § 1 BVG/§ 1 OEG einbezogen worden ist (vgl. auch BSG, Urteil v. 16.4 2002, B 9 VG 1/01 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 19.4.2012, L 11 VE 85/09, juris; hierzu auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 18.11.2003, L 2 V 8/02, juris).

 

Rz. 13

Entsprechendes gilt für die Frage nach einer territorialen Eingrenzung. "Wer" ist jeder überall. Auch hier präzisieren erst die spezialgesetzlichen Regelungen, wer in den Schutzbereich des jeweiligen Systems fällt. Zu verweisen ist beispielsweise auf § 1 Abs. 1 OEG. Darin wird durch die Wendung "Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug" der territoriale Bezug hergestellt und die diffuse Formulierung "wer" in Satz 1 nachhaltig durch den Tatort konkretisiert (vgl. BSG, Urteil v. 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, SozR 3-3800 § 1 Nr. 23 = BSGE 90 S. 190).

 

Rz. 14

Eine weitere Präzisierung erfährt § 5 Satz 1 dadurch, dass "wer" nur jemand sein kann, der dem geschützten Personenkreis zuzurechnen ist. Dieser Personenkreis lässt sich teils mittels der in den Spezialgesetzen benannten geschützten Tätigkeiten (z. B. § 1 Abs. 1 BVG: militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung) identifizieren oder aber ausdrücklich fixieren (z. B. § 85 Abs. 1 SVG: Soldat). Der personale Bezug kann ferner dadurch bestimmt werden, dass das jeweilige Spezialgesetz ausdrücklich regelt, unter welchen Voraussetzungen Ausländer einen Anspruch auf Versorgung haben (z. B. § 1 Abs. 4 OEG). Übergreifend lässt sich sonach feststellen, dass anhand der spezialgesetzlichen Regelungen zu klären ist, ob jeder, der das definierte Sonderopfer erbracht hat, in den Schutzbereich fällt oder ob dieser Personenkreis durch gesetzgeberische Regelungen eingegrenzt ist. Entscheidend ist dabei immer der jeweilige, sich in entsprechenden Präzisierungen der einzelnen Entschädigungsgesetze niederschlagende Normzweck.

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