Rz. 9
Dienst- und Sachleistungen können nicht abgetreten oder verpfändet werden. Sie sind auf die persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten zugeschnitten und würden ihren Zweck verfehlen, wenn sie an Dritte außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses erbracht würden (BT-Drs. 7/868 S. 32). Es wäre ohnehin schon fraglich, ob diese Leistungen als solche überhaupt abtretbar wären oder ob nicht lediglich der Anspruch an sich, für die Vollstreckung umgewandelt in einen Geldanspruch, übertragen werden könnte.
Rz. 10
Um diese Fragen zu umgehen, enthält die Vorschrift ein Abtretungs- und Verpfändungsverbot. Damit stellt sich die Frage des Übergangs solcher Ansprüche auf einen Dritten nicht. Die abgeschlossenen Verträge sind jedenfalls gegenüber dem leistungspflichtigen Sozialleistungsträger unwirksam. Man wird wohl annehmen müssen, dass das Verbot des Abs. 1 auch die zivilrechtliche Verfügung (den Abtretungsvertrag) selbst erfasst. Der dem Abtretungsvertrag, gerade bei Dienst- oder Sachleistungen, typischerweise zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag bleibt davon jedoch unberührt.
Rz. 11
Werden Dienst- und Sachleistungen durch die Sozialleistungsträger nicht als solche erbracht, kann ein Erstattungsanspruch für die Kosten der selbstbeschafften Leistungen entstehen (z. B. aus § 13 SGB V, § 15 SGB IX), der auf Geldersatz gerichtet ist. Da es sich hierbei dann um einen Geldleistungsanspruch (bedingt durch die Entscheidung des Sozialleistungsträgers) handelt, kann dieser abgetreten werden, zumindest im Rahmen des Abs. 2 Nr. 2 an den Leistungserbringer (vgl. BSG, Urteil v. 18.7.2006, B 1 KR 24/05 R, NZS 2007 S. 425; Siefert, in: KassKomm. SGB I, § 53 Rz. 15, Stand: März 2016; B. Häusler, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 53 Rz. 22, Stand: Dezember 2005; a. A. Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 53 Rz. 3; Pflüger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 53 Rz. 21, Stand: 15.3.2018).
Rz. 12
Auch soweit Geldleistungen für die Beschaffung von Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen sind, ist eine zulässige Abtretung zumindest an den Leistungserbringer nach Abs. 2 Nr. 2 zu bejahen. Die direkte Zahlung an den Leistungserbringer liegt im wohlverstandenen Interesse des Sozialleistungsberechtigten, weil dadurch zeitliche Verzögerungen und Aufwand bei der Erfüllung der Ansprüche (durch Auszahlung an den Berechtigten und von diesem an den Leistungserbringer) vermieden werden. Der Sozialleistungsberechtigte wird auch vor der evtl. Pfändung des Geldbetrages auf seinem Bankkonto (soweit es kein Pfändungsschutzkonto gemäß § 850k Abs. 7 ZPO ist) geschützt; ebenso wie vor einer nicht zweckentsprechenden Verwendung des Geldbetrages.
Rz. 12a
Als gemäß § 37 vorgehende Sonderregelung schließt § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII für die Ansprüche auf Sozialhilfe die Abtretung, Verpfändung und auch die Pfändung nach § 54 gänzlich aus (vgl. Komm. zu § 17 SGB XII).
Durch Art. 1 Nr. 37, Art. 4 Abs. 1 des 9. Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (9. SGB II-ÄndG) v. 26.7.2016 (BGBl. I S. 1824) wurde mit Wirkung zum 1.8.2016 in § 42 Abs. 4 Satz 1 SGB II bestimmt, dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann. Damit sind Leistungen nach dem SGB XII und SGB II nach § 400 BGB schon dem Grunde nach nicht abtretbar. Eine Ausnahme von dieser Unpfändbarkeit und der daraus folgenden Unzulässigkeit der Abtretung wurde in § 42 Abs. 4 Satz 2 SGB II jedoch für die Fälle des Abs. 2 gemacht; also für Überbrückungsleistungen und bei Feststellung des "wohlverstandenen Interesses des Berechtigten".
Mit Art. 1 des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wurde in § 107 Abs. 1 SGB IX geregelt, dass die Leistungen der Eingliederungshilfe nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden dürfen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9522 S. 282) soll diese Regelung inhaltsgleich § 17 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII übernehmen. Für Leistungen der Eingliederungshilfe als Sach- oder Dienstleistung (§ 107 Abs. 1 SGB IX) folgt die Unpfändbarkeit bereits aus § 53 Abs. 1, so dass sich die Unpfändbarkeit und daraus folgend die Nichtübertragbarkeit lediglich auf Geldleistungen bezieht und beziehen kann. Da Sach- oder Dienstleistungen aber auch als Teil eines persönlichen Budgets in Form einer Geldleistung erbracht werden können (vgl. § 29 SGB IX und Komm. dort), ist davon auszugehen, dass auch die für die Leistungen der Eingliederungshilfe zu erbringende Geldleistung als persönlichen Budget nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden darf und kann.