Rz. 13

Die Möglichkeiten der Verfügung über Sozialleistungsansprüche in Geld ist grundsätzlich zugelassen, wird jedoch

  • durch den Zweck der Abtretung (Abs. 2 Nr. 1),
  • durch die Anerkennung als im wohlverstanden Interesse (Abs. 2 Nr. 2) oder
  • durch die Pfändbarkeit der Geldleistung der Höhe nach (Abs. 3)

begrenzt. Abs. 2 lässt die Übertragung (Abtretung) von Ansprüchen auf Sozialleistungen in bestimmten Fällen als Möglichkeit (kann) zu. Dieses bedeutet jedoch letztlich, dass nur in den genannten Fällen und unter den genannten Voraussetzungen überhaupt eine Abtretung rechtlich zulässig ist. Abtretungen als Verfügungen, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, sind unwirksam und binden weder Sozialleistungsträger noch Sozialleistungsberechtigten. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Erfüllung der Ansprüche zum Fälligkeitszeitpunkt an den Sozialleistungsberechtigten zu erfolgen hat.

 

Rz. 14

Die verschiedenen Regelungen über die Abtretbarkeit von Sozialleistungen können nebeneinander bestehen. Dabei können sowohl laufende Geldleistungen, die als Zusammenballung in einer Nachzahlung trotzdem laufende Zahlungen bleiben (vgl. Komm. zu § 48), zugleich neben Abs. 3 auch nach Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 zu beurteilen sein. Auch laufende Leistungen, die nicht der Pfändbarkeit nach Abs. 3 i. V. m. §§ 850c ff. ZPO unterlägen, können nach Abs. 2 wirksam abgetreten werden.

 

Rz. 15

Durch die Verfügung über Sozialleistungsansprüche in Geld ändert sich nicht der Charakter dieses Anspruchs als Sozialleistungsanspruch, allerdings ist die getroffene vertragliche Verfügung auf den Auszahlungsanspruch, also die Erfüllung des Anspruchs (i. S. d. § 194 BGB), beschränkt. Dieses bedeutet einerseits, dass der Abtretungsempfänger (Zessionar) zur Geltendmachung und Entgegennahme der Geldleistung (Einzelleistungsanspruch) berechtigt ist und nur diesem gegenüber wirksam erfüllt werden kann. Da der Zessionar sozialrechtlich aber nicht in die Stellung eines Sozialleistungsberechtigten (als Inhaber des sog. Stammrechts i. S. der tatbestandlichen Voraussetzungen für Sozialleistungsansprüche) einrückt (vgl. BSG, Urteil v. 18.7.2006, B 1 KR 24/05 R, BSGE 97 S. 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9; BSG, Urteil v. 29.1.2014, B 5 R 36/12 R, BSGE 115 S. 110 = SozR 4-1200 § 53 Nr 4), bedeutet dies andererseits, dass der sozial(versicherungs)rechtliche Anspruch nach § 38 sich weiterhin nach den persönlichen Verhältnissen des ursprünglich Berechtigten richtet. Mit den Veränderungen in dessen Verhältnissen kann sich daher auch der Zahlungsanspruch des Zessionars verändern; bis hin zur Bedeutungslosigkeit einer vereinbarten Abtretung durch Rücknahme eines notwendigen Antrags auf eine Sozialleistung (BSG, Urteil v. 6.2.1991, 13/5 RJ 18/89, SozR 3-1200 § 53 Nr. 1) oder den Verzicht auf den Anspruch nach § 46. Der Zessionar ist in den Fällen der Abtretung daher auch nicht berechtigt, das Bestehen eines solchen Anspruchs und/oder dessen Höhe selbst im Verwaltungsverfahren oder prozessrechtlich geltend zu machen, weil er gerade nicht in die Stellung des Sozialleistungsberechtigten insgesamt eintritt (so bestätigend: BSG, Urteil v. 29.1.2014, B 5 R 36/12 R, BSGE 115 S. 110).

 

Rz. 16

Soweit laufende Ansprüche aufgrund einer Abtretung an einen Dritten zu zahlen sind, ist dies kein Grund, den die Geldleistung des Sozialleistungsberechtigten bewilligenden und zugrunde liegenden Verwaltungsakt (Bewilligungsbescheid) zu ändern und den Leistungsanspruch durch Aufhebung und Neufestsetzung des Wertes der monatlichen Einzelansprüche gegenüber dem Versicherten abzuändern (so auch Baier, in: Krauskopf, SozKV SGB I, § 53 Rz. 13b, Stand: Mai 2014; Dörr, SGb 1988 S. 8; a. A. BSG, Urteil v. 23.10.2003, B 4 RA 25/03 R, SozR 4-1200 § 53 Nr. 1). Die tatsächliche Zahlung an einen Dritten lässt nämlich nicht nur sowohl das sog. Stammrecht als auch den sich daraus ergebenden laufenden Leistungsanspruch als solchen unberührt (so auch Pflüger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 53 Rz. 35, Stand: 15.3.2018), sondern setzt gerade auch nach der Abtretung einen solchen bezifferten (Geld)Anspruch des Berechtigten in der Zukunft und gegenüber dem Sozialleistungsträger aus einem Verwaltungsakt voraus. Der Zessionar rückt auch nicht teilweise, wie wohl das BSG (Urteil v. 23.10.2003, B 4 RA 25/03 R, SozR 4-1200 § 53 Nr. 1) angenommen hatte, in diesen sozialrechtlichen Anspruch ein, sondern nur in die Position des Zahlungsempfängers nach § 47 für die Erfüllung (i. S. d. § 362 BGB) der Höhe nach durch Verwaltungsakt festgestellten Ansprüche auf Geldzahlungen; gerade auch aufgrund der Abtretung zu "Lasten" des an sich Sozialleistungsberechtigten.

 

Rz. 17

Soweit daher Veränderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beim Sozialleistungsberechtigten zu einer anderen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung und Änderung des (deklaratorischen) Verwaltungsakts über den Grund oder die Höhe des Anspruchs führen, bleibt dieser Adressat der notwendigen oder möglichen abändernden oder aufhebenden Verwaltungsa...

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