Rz. 7
Zulässige Einladungen zur persönlichen Vorsprache setzen ein Verlangen des zuständigen Leistungsträgers und die Notwendigkeit der Vornahme von Maßnahmen in Gegenwart des Betroffenen für die Entscheidung über die Leistung voraus. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Mitwirkungspflicht nach § 61 nicht allein die persönliche Vorsprache an sich, sondern den gesamten Prozess umfasst. Andernfalls käme es zu der Erörterung des Antrages oder einer anderen notwendigen Maßnahme i. S. des Gesetzes nicht und das persönliche Erscheinen ginge fehl. Voraussetzung des § 61 ist ein gestellter Antrag auf Sozialleistungen nach dem SGB oder ein (laufender) Leistungsbezug, in diesen Fällen in Bezug auf die Frage, ob die Leistungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen. Zuständig ist der Leistungsträger, der zur Entscheidung über die Gewährung oder Ablehnung, der Versagung oder Entziehung der Leistung befugt ist (vgl. auch §§ 18 ff.), in Fällen des gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Auftrags (§§ 88 ff. SGB X) obliegt die Pflicht gegenüber dem Beauftragten (z. B. einer gemeinsamen Einrichtung aufgrund gesetzlichen Aufgabenübergangs nach § 44b SGB II). Der Auftragnehmer bzw. Wahrnehmungsbefugte hat in diesen Fällen gegenüber dem zuständigen Leistungsträger ggf. Rechenschaft darüber abzulegen, dass er von seinem Verlangen i. S. d. § 61 rechtmäßig Gebrauch macht.
Rz. 8
Nach dem Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und ist nicht an das Vorbringen von Beteiligten gebunden. Der zuständige Leistungsträger legt nach pflichtgemäßem Ermessen auch die erforderlichen Beweismittel fest (§ 21 Abs. 1 SGB X). Schon daraus folgt, dass § 61 der Sachverhaltsaufklärung der Behörde dienlich sein soll. Ein Bestreiten der Mitwirkungspflicht außerhalb der Grenzen der §§ 61 und 65 würde deshalb ein Bestreiten der Aufklärungspflicht der Behörde bedeuten (vgl. dazu ausführlicher die Komm. zu § 62). Allerdings ist die Behörde zur weiteren Amtsermittlung nur verpflichtet, wenn die angegebenen Tatsachen und vorgelegten Beweismittel aufgrund vollständiger und wahrheitsgemäßer Auskunft für eine Entscheidung über das Erbringen der Sozialleistung nicht ausreichen, weil sie z. B. nicht plausibel sind. Daraus ist auf die notwendige Qualität einer mündlichen Erörterung oder Vornahme einer notwendigen Maßnahme zu schließen. Im Regelfall soll der Verpflichtete persönlich vorsprechen und keinen Vertreter entsenden. Das ist allerdings in Fällen zu hinterfragen, in denen es nicht auf einen persönlichen Eindruck des Leistungsträgers von dem Mitwirkungsverpflichteten ankommt. Der Leistungsträger kann jedenfalls jederzeit einer Vertretung des Antragstellers bzw. Leistungsbeziehers zustimmen.
Rz. 9
Der Leistungsträger muss zunächst die Notwendigkeit für das persönliche Erscheinen des Betroffenen feststellen und ggf. aktenkundig machen. Notwendigkeit und Erforderlichkeit können mit identischer Bedeutung verwendet werden. Demnach muss auch die Notwendigkeit aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit heraus erklärt werden. Zur Feststellung der Verhältnismäßigkeit genügt es nicht, die Eignung der persönlichen Vorsprache festzustellen. Vielmehr müssen die grundsätzlich erlaubten Mittel mit dem verfolgten und erlaubten Zweck abgeglichen werden. Sodann ist das für den Betroffenen mildeste Mittel anzuwenden. Das ist im Vergleich zur Mitwirkung durch und bei einer persönlichen Vorsprache nicht nur Schriftverkehr, sondern z. B. auch eine fernmündliche Unterredung. Es bedarf daher spezifizierter Gründe, warum ein persönliches Erscheinen notwendig ist bzw. warum mildere Mittel zur Erlangung der begehrten Erkenntnisse nicht ausreichen. Darüber hinaus muss der konkret notwendige Feststellungsbedarf in kausale Beziehung zum persönlichen Erscheinen gesetzt werden. Dabei geht es darum, dass die gewünschten Erkenntnisse überhaupt für die Entscheidung über die Leistung benötigt werden, denn nur in diesem Fall kann aus § 61 eine Mitwirkungspflicht abgeleitet werden. Hat der Leistungsträger Zweifel an der Leistungsberechtigung, ist eine persönliche Vorsprache notwendig, wenn sich schriftliche Erklärungen des Mitwirkungspflichtigen oder Stellungnahmen von Personen, die in seinem Namen auftreten, als ungeeignet erweisen, um die Zweifel auszuräumen. Das kann z. B. der Fall sein, wenn Zweifel an der Existenz des Anspruchsberechtigten bestehen. Eine Entscheidung i. S. d. § 61 kann auch eine unverzichtbare Teilentscheidung sein, wenn sich durch sie ggf. noch weitere Alternativen ergeben. Hat der Antragsteller bereits bewusst und gewollt Mitwirkungshandlungen versäumt, muss der Leistungsträger nicht mehr zwingend die persönliche Erörterung suchen, bevor er die rechtlichen Entscheidungen im Einzelfall trifft.
Rz. 10
Der zuständige Leistungsträger wird den Betroffenen schriftlich um sein Erscheinen bitten und darlegen, aus welchem zur Entscheidung über die Leistung notwendigen Grund eine pe...