Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Zuweisung von Mitarbeitern an die gemeinsame Einrichtung (Jobcenter)
Leitsatz (amtlich)
Durch die Zuweisung nach § 44 g Abs. 1 SGB II verliert ein Arbeitnehmer sein Wahlrecht und seine Wählbarkeit zum Personalrat der Stammdienststelle
Normenkette
BPersVG § 29 Abs. 1 Nrn. 4-5, § 47 Abs. 2; SGB II § 44g Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 07.04.2011; Aktenzeichen 33 Ga 4387/11) |
Tenor
I. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 33 Ga 4387/11 – wird auf seine Kosten bei unverändertem Streitwert zurückgewiesen.
II. Gegen dieses Urteil ist gem. § 72 Abs. 4 ArbGG ein Rechtmittel nicht gegeben.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berechtigung des Verfügungsklägers, während seiner Arbeitstätigkeit beim Jobcenter (gemeinsame Einrichtung) Aufgaben des Personalrates der Arbeitsagentur wahrzunehmen.
Das Arbeitsgericht Berlin hat nach mündlicher Verhandlung den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung auf Duldung abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die zulässige Verfügungsklage habe keinen Erfolg, weil die Mitgliedschaft des Verfügungsklägers im Personalrat der Agentur für A. Berlin-M. nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 BPersVG erloschen sei. Die in § 44 g Abs. 1 SGB II zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Jobcenter im Sinne von § 6 d SGB II mit Wirkung vom 1. Januar 2011 für die Dauer von fünf Jahren gesetzlich geregelte Zuweisung von Tätigkeiten bei der gemeinsamen Einrichtung, die die Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft weiterführe, an die Beschäftigten, die – wie der Verfügungskläger in der ARGE – bis zum 31. Dezember 2010 in einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung Aufgaben nach diesem Buch durchgeführt hätten, habe bei ihm nicht nur zum Verlust seines Wahlrechts und seiner Wählbarkeit zum Personalrat seiner Stammdienststelle, sondern darüber hinaus auch gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG zur Beendigung seiner Mitgliedschaft in diesem Gremium geführt. Auch wenn durch die gesetzliche Zuweisung seine Rechtstellung als Arbeitnehmer unberührt geblieben sei und ein Arbeitgeberwechsel nicht stattgefunden habe (§ 44 g Abs. 3 S. 1 SGB II), sei er – soweit die Zuweisung nicht vorzeitig gemäß § 44 g Abs. 5 SGB II beendet werde – längstens für die Dauer von fünf Jahren aus seiner bisherigen Stammdienststelle Agentur für Arbeit ausgeschieden. Auch deswegen sei seine Mitgliedschaft im Personalrat seiner Stammdienststelle erloschen (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG). Dass er als Beschäftigter dort nicht mehr eingegliedert sei, folge zum einen daraus, dass er seit dem 1. Januar 2011 Aufgaben beim Jobcenter wahrzunehmen habe und dabei gemäß § 44 g Abs. 4 SGB II den Weisungen des Geschäftsführers seiner jetzigen Beschäftigungsdienststelle unterliege, der die dienst-, personal- und arbeitsrechtlichen Befugnisse der Träger der gemeinsamen Einrichtung und die Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion im Sinne eines Behördenleiters mit Ausnahme der Befugnisse zur Begründung und Beendigung der mit den Beamten und Arbeitnehmern bestehenden Rechtsverhältnisse ausübe. Zum anderen besitze der Verfügungskläger dort gemäß § 44 h Abs. 2 SGB II für den Zeitraum, für den ihm Tätigkeiten in der gemeinsamen Einrichtung zugewiesen seien, ein aktives und passives Wahlrecht zu der beim Jobcenter nach § 44 h Abs. 1 S. 1 SGB II zu bildenden Personalvertretung. Da nach § 44 h Abs. 1 S. 2 SGB II die Regelungen des BPersVG bei der Bildung einer Personalvertretung in den gemeinsamen Einrichtungen entsprechend gelten würden, sei auch § 13 Abs. 2 BPersVG entsprechend anzuwenden, wonach Beschäftigte, die einer Dienststelle zugewiesen seien, in ihr wahlberechtigt würden, sobald die Zuweisung länger als drei Monate gedauert habe; gleichzeitig verliere er das Wahlrecht in der alten Dienststelle. Bei entsprechender Anwendung dieser Regelung auf den dem Jobcenter zugewiesenen Verfügungskläger, dem dort bereits vom 1. Tag der Zuweisung an das aktive und passive Wahlrecht zustehe, könne dies nur bedeuten, dass er bereits mit Wirkung vom 1. Januar 2011 sein aktives und passives Wahlrecht bei seiner bisherigen Stammdienststelle verloren habe. Denn anders als im so genannten Kooperationsgesetz der Bundeswehr habe der Gesetzgeber in dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 bei der Reform der Jobcenter auf ein so genanntes Doppelwahlrecht zu den Personalvertretungen verzichtet.
Die Zuweisung des Verfügungsklägers an die Verfügungsbeklagte sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 47 Abs. 2 S. 3 BPersVG unwirksam. Die Vorschrift finde unmittelbar keine Anwendung, da weder eine Versetzung noch eine Abordnung vorliege. Auch eine analoge Anwendung von § 47 Abs. 2 BPersVG komme nicht in Betracht, da es hierfür an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehle.
§ 47 Abs. 2 BPersVG sei in Bezug auf die Situation der gesetzlichen Zuweisung nach § ...