Entscheidungsstichwort (Thema)

Einsatz für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlter Abfindungen für die Bestreitung der Prozesskosten. Bewilligung eines weiteren Schonbetrages für einen beruflich bedingten Umzug

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen zählen zum Vermögen i. S. v. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Von dem enthaltenen Abfindungsbetrag ist ein Schonbetrag abzuziehen, der nach der heranzuziehenden Verordnung zur Durchführung des § 9 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII derzeit 2.600 Euro beträgt.

2.) Sind dem Arbeitnehmer Aufwendungen entstanden, die über diejenigen hinausgehen, die regelmäßig durch den Verlust des Arbeitsplatzes bedingt sind, kann die Annahme eines weiteren Schonbetrages angezeigt sein. Aus Gründen der Praktikabilität erweist sich eine Typisierung als erforderlich. Auch insoweit ist auf die Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB IX abzustellen.

3.) Bei einem beruflich bedingten Umzug von NRW nach Bayern ist ein weiterer Schonbetrag i. H. v. 2.600 Euro anzusetzen.

 

Normenkette

SGB 12 § 9 Abs. 2 Nr. 9; ZPO § 515 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 27.02.2012; Aktenzeichen 4 Ca 2302/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 27.02.2012

- 4 Ca 2302/11 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die sofortige Beschwerde ist nach § 78 ArbGG, §§ 577 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 569 Abs. 1, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt worden und auch sonst zulässig.

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger kann die Kosten der Prozessführung selbst bestreiten (§ 114 Abs. 1 ZPO). Es ist ihm zumutbar, sein Vermögen, dass er aufgrund der Abfindung erhalten hat, einzusetzen (§ 115 Abs. 3 ZPO). Sein neues Vorbringen im dem Schriftsatz vom 6. Juni 2012 führt zu keiner anderen Betrachtung.

a) Der Kläger hat gemäß § 115 Abs. 3 ZPO aus der ihm zugeflossenen Abfindung 3.614,30 Euro einzusetzen. Daraus kann er die Anwaltskosten in Höhe von 1.031,73 Euro selbst bestreiten.

aa) Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen zählen zum Vermögen i. S. v. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO (vgl. nur LAG Köln 24. August 2011 - 1 Ta 101/11 - juris, mwN.).

Von dem enthaltenen Abfindungsbetrag ist ein Schonbetrag abzuziehen, der nach der heranzuziehenden Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII derzeit 2.600 Euro beträgt (vgl. nur LAG Köln 24. August 2011 - 1 Ta 101/11 - - juris, mwN.).

Sind dem Arbeitnehmer Aufwendungen entstanden, die über diejenigen hinausgehen, die regelmäßig durch den Verlust des Arbeitsplatzes bedingt sind, kann die Annahme eines weiteren Schonbetrages angezeigt sein. Aus Gründen der Praktikabilität erweist sich eine Typisierung als erforderlich. Auch insoweit ist auf die Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB IX abzustellen (vgl. BAG 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 - BAGE 118, 47).

Eine Abfindung, die zur Tilgung von Verbindlichkeiten eingesetzt wird, ist nicht als anrechenbares Vermögen zu berücksichtigen (vgl. nur LAG Köln 24. August 2011 - 1 Ta 101/11 - - juris, mwN.).

bb) Bei einem Streitwert von 9.010 Euro ergeben sich Anwaltskosten in Höhe von 1.031,73 Euro. Auf die beigefügte Berechnung wird Bezug genommen.

cc) Danach steht dem Kläger keine Prozesskostenhilfe zu, weil sein einzusetzendes Vermögen 1.014,30 Euro beträgt. Der sich noch ergebende Betrag von 17,43 Euro wäre bei einer monatlich von ihm zu tragenden Rate von 88,87 Euro (vgl. die Berechnung des ArbG Aachen vom 27. Februar 2012, die dem Beschluss vom 27. Februar 2012 beigefügt war), bereits im ersten Monat verbraucht.

Dabei hat das Gericht wegen des beruflich bedingten Umzugs des Klägers nach B einen Schonbetrag von 5.200 Euro angesetzt.

Die erstmals mit Schriftsatz vom 6. Juni 2012 geltend gemachten Aufwendungen führen nicht dazu, dass ein höherer Betrag anzusetzen wäre. Dem steht schon entgegen, dass - wie dargelegt - eine pauschale Betrachtung angezeigt ist. Zudem ist nicht konkret dargelegt, wann die Aufwendungen erfolgt und warum sie notwendig gewesen sein sollen. Dies gilt insbesondere für die Fahrten nach B , die angeblichen Kosten für ein neues Schlafzimmer und die Kosten für den Umzugswagen. Belege fehlen vollständig.

Es ist weiterhin berücksichtigt worden, dass der Kläger mit der Abfindung seinen Dispositionskredit in Höhe von 2.346,90 Euro ausgeglichen hat. Der Betrag von 2.346,90 Euro ergibt sich aus dem Tagessaldo des 30. August 2011. Dies ist der Tag, der dem Eingang der Abfindung auf dem Konto des Klägers (31.08.2011), vorausging.

Danach ergibt sich folgende Berechnung:

Nettozahlung Abfindung: 8.561,20 Euro

abzgl. Schonvermögen 5.200,00 Euro

abzgl. Darlehensrückführung 2.346,90 Euro

= 1.014,30 Euro.

II.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde n...

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