Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung gehört zum Vermögen. Tilgung von Verbindlichkeiten
Leitsatz (amtlich)
1.) Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen zählen zum Vermögen i. S. v. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO (im Anschluss an BAG v. 24.04.2006 – 3 AZB 12/05 – und LAG Köln v. 23.04.2010 – 11 Ta 409/09 –).
2.) Eine Abfindung, die zur Tilgung von Verbindlichkeiten eingesetzt wird, ist nicht als anrechenbares Vermögen zu berücksichtigen (ebenso LAG Köln v. 07.01.2010 – 5 Ta 421/09 –; LAG Köln v. 13.03.2008 – 7 Ta 250/07 –).
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 14.01.2011; Aktenzeichen 2 Ca 4579/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 14.01.2011 (2 Ca 4579/10) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 14.01.2011 ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 u. 3 ZPO, 11 a Abs. 3 ArbGG, 569 ZPO zulässig. In der Sache hat sie indes keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die von der Beklagten erhaltene Abfindung für die Tragung seiner Prozesskosten einzusetzen hat, so dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 3 ArbGG nicht gegeben sind.
1. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe steht gemäß § 115 Abs. 3 ZPO unter dem Vorbehalt, dass die Prozesskostenhilfe beantragende Partei die Prozesskosten nicht durch den Einsatz ihres Vermögens in zumutbarer Weise bestreiten kann.
a) Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen zählen nach ganz überwiegender Meinung, der sich das Gericht anschließt, zum Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 3 ZPO (BAG v. 24.04.2006 – 3 AZB 12/05 – NZA 2006, 751; LAG Köln v. 23.04.2010 – 11 Ta 409/09 – bei juris; a. M. Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 115 Rz. 5 m. w. N. – „Einkommen” –).
b) Die dem Kläger zugeflossene Abfindung in Höhe von 16.323,95 EUR netto ist danach grundsätzlich für die Kosten des Rechtsstreits zu verwenden, soweit dies zumutbar ist. Hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit verweist § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf die Regelung in § 90 SGB XII.
aa) Von der tatsächlich zugeflossenen Nettoabfindung muss der Prozesspartei „ein Schonvermögen” gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. m. § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Höhe von 2.600,00 EUR sowie ein Freibetrag für die durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise entstehenden Kosten (BAG a. a. O.) in Höhe von weiteren 2.600,00 EUR belassen werden. Wegen des eigenen Einkommens der Ehefrau sind weitere Freibeträge nicht gegeben.
bb) Darüber hinaus kann eine Abfindung, die zur Tilgung von Verbindlichkeiten eingesetzt wird, nicht als anrechenbares Vermögen berücksichtigt werden (BAG v. 22.12.2003 – 2 AZB 22/03 – bei juris; LAG Köln v. 07.01.2010 – 5 Ta 421/09 – bei juris; LAG Köln v. 13.03.2008 – 7 Ta 250/07 – bei juris). Der Kläger hat dargelegt und durch Belege glaubhaft gemacht, dass er von der zugeflossenen Abfindung 2.900,00 EUR zur Begleichung von Mietschulden, 2.000,00 EUR zur Begleichung eines Privatdarlehens, 776,81 EUR zur Begleichung einer Kreditverbindlichkeit sowie 327,06 EUR zur Begleichung einer Restforderung der Fa. R aufgewandt hat. Daraus errechnet sich eine verbleibende Abfindung in Höhe von 5.120,08 EUR.
cc) Weitere Abzüge aufgrund eines erhöhten Schonvermögens rechtfertigen sich nicht gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII i. v. m. § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Nach der gesetzlichen Regelung hat der Einsatz des Vermögens dann zu unterbleiben hat, wenn dies für den Betroffenen oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Eine besondere Härte hat der Kläger nicht darzulegen vermocht. Auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Gesichtspunkte (besondere Belastungen durch Zuzahlungen zu Medikamenten, schlechter Gesundheitszustand, Pflege der behinderten Schwägerin) ist eine besondere Härte im Sinne der vorgenannten Regelung nicht gegeben. Dem Kläger steht mit der verbleibenden Abfindung in Höhe von 5.120,08 EUR abzüglich der für den Rechtsstreit anfallenden Rechtsanwaltskosten in Höhe von rund 1.900,00 EUR immer noch ein Restbetrag in Höhe von 3.220,00 EUR zur Verfügung. Dieser Betrag ist ausreichend bemessen, um vermehrte Aufwendungen aufgrund der dargelegten Belastungen zu bestreiten.
c) Dem Kläger steht auch kein erhöhtes Schonvermögen in entsprechender Anwendung von § 12 SGB II zu.
Auf entsprechende Regelungen des SGB II kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, da er Arbeitslosengeld gemäß § 117 SGB III und nicht Leistungen gemäß SGB II erhält.
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Prozesskostenhilfe durch § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO für die Zumutbarkeitskriterien ausdrücklich die Anwendung der Vorschrift des § 90 SGB XII vorgeschrieben hat. Es ist aus verfassungsrechtlichen oder aus sozialstaatlichen Gesichtspunkten nicht geboten, dass der Gesetzgeber für alle Bereiche sozialstaatlicher Leistun...